2016

Ausgabe 1

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Ausgabe 1/2016

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Tatjana Hörnle

Besserer Schutz vor sexuellen Übergriffen

Die Überschrift verwendet einen gängigen alltagssprachlichen Begriff: sexuelle Übergriffe. Das deutsche Strafgesetzbuch kennt diesen nicht. Dass eine dem Opfer aufgezwungene körperliche Berührung zweifelsfrei als sexuelle Handlung einzuordnen ist, ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Strafbarkeit. Das ist offensichtlich den meisten Bürgern und Bürgerinnen nicht bewusst. Nach den Vorfällen in der zurückliegenden Silvesternacht hat sich dies gezeigt: Die meisten Kommentare gingen selbstverständlich davon aus, dass sexuelle Übergriffe aller Art strafbar seien, und zwar auch solche, die alltagsprachlich als „Grapschen“ bezeichnet werden. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Einen auf „Grapschen“ zugeschnittenen Straftatbestand der sexuellen Belästigung gibt es im geltenden Recht nicht. Dieses sieht für Sexualtaten zu Lasten von volljährigen Personen nur den Tatbestand der sexuellen Nötigung (§ 177 Abs. 1 StGB) vor (mit Qualifikationen, zu denen auch das Eindringen in den Körper gehört, Vergewaltigung, § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Preis: 3.00 EUR

Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – bff: Frauen gegen Gewalt e.V.

Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMJV zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserungen des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (§§ 177, 179 StGB)

Der bff begrüßt das Vorhaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, das Sexualstrafrecht zu reformieren. Durch die geplanten Änderungen der §§ 177 und 179 werden einige der genannten und vielfach angeprangerten Schutzlücken geschlossen. Aus Sicht des bff und aufgrund der Erfahrungen der Fachberatungsstellen in der Begleitung von Strafverfahren bundesweit ist allerdings eine grundlegende Änderung des Sexualstrafrechts dringend erforderlich, die mit dem Referentenentwurf nicht erreicht wird.
Die im vorliegenden Referentenentwurf vorhandenen Änderungen stellen keinen grundlegenden Paradigmenwechsel dar. Das sexuelle Selbstbestimmungsrecht nimmt nach der aktuellen gesetzlichen Regelung eine Sonderstellung ein. Anders als andere Rechtsgüter ist es nicht von sich aus geschützt, sondern nur dann, wenn es dem Grundsatz nach wehrhaft verteidigt wird.

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Istanbul-Konvention: Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Auszug)

Artikel 1 - Zweck des Übereinkommens
1. Zweck dieses Übereinkommens ist es,
a) Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen;
b) einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern, auch durch die Stärkung der Rechte der Frauen, zu fördern;
c) einen umfassenden Rahmen sowie umfassende politische und sonstige Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu entwerfen;
d) die internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu fördern;
e) Organisationen und Strafverfolgungsbehörden zu helfen und sie zu unterstützen, um wirksam mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, einen umfassenden Ansatz für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt anzunehmen.

 

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Dagmar Oberlies: Selbstbestimmung und Behinderung – Wertungswidersprüche im Sexualstrafrecht?

Aus STREIT 1/2002, S. 11-18 (Auszug)
(...) Meines Erachtens leistet das Sexualstrafrecht – sowohl durch die Ausgestaltung seiner Normen wie durch die Auslegung, die sie finden – einem fragwürdigen Paradigma Vorschub. Dieses lautet: Wer nicht nein sagt (oder sagen kann), sagt ja – oder doch vielleicht. Ich halte dagegen, dass angesichts des Schutzgutes der sexuellen Selbstbestimmung ein radikaler Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht noch aussteht, hin zu einem: wer nicht ja sagt (oder sagen kann) oder wenigstens vielleicht, sagt nein. (...)

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Urteil des EGMR, Große Kammer

Staatliche Verantwortlichkeit für sexuellen Missbrauch in katholischer Schule in Irland

Angesichts der grundlegenden Natur der durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte und der besonderen Verwundbarkeit von Kindern besteht eine immanente Verpflichtung der Regierung, deren Schutz vor Misshandlung sicherzustellen, indem sie notwendige spezielle Maßnahmen trifft und Schutzvorrichtungen vorsieht – insbesondere im Kontext des Grundschulwesens. Ein Staat kann sich seiner Verpflichtungen gegenüber Minderjährigen in Volksschulen nicht dadurch entledigen, indem er diese Pflichten an private Organisationen oder Einzelpersonen delegiert, ohne ein System ausreichender und wirksamer Schutzmechanismen zu gewährleisten.

(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Große Kammer, Beschwerdesache O‘Keeffe gegen Irland, vom 28.1.2014, Bsw. 35810/09

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Urteil des VG Schwerin

Armenien: Zwangsverheiratung einer Yezidin

Die Klägerin gehört zu der bestimmten abgrenzbaren (vgl. § 3b Abs. 4 b) AsylG) sozialen Gruppe derjenigen yezidischen Frauen in Armenien, die sich nicht der gegen sie gerichteten gesellschaftlichen Diskriminierung und Entrechtung sowie den archaisch-patriarchalischen Vorstellungen der yezidischen Männer unterwerfen bzw. anpassen.
Die von ihrem Vater und ihren Brüdern verübten körperlichen Schläge und Misshandlungen, mit denen sie nach dem Tod ihres Mannes zur Heirat mit einem 60jährigen Mann gezwungen werden sollte, sind unzweifelhaft Verfolgungshandlungen i.S.v. § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG (physische und psychische einschließlich sexuelle Gewalt).
Der Vater der Klägerin (und ihre Brüder) sind als Verfolgungsakteure i.S.v. § 3c Nr. 3 AsylG anzusehen. Insbesondere ist der armenische Staat nicht in der Lage oder nicht willens, den von ihren Männern oder männlichen Angehörigen verfolgten Frauen wirksamen und dauerhaften Schutz zu bieten.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Schwerin vom 20.11.2015 – 15 A 1524/13

Preis: 3.00 EUR

Heike Schmalhofer

Das Bundesgleichstellungsgesetz oder der Versuch Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes umzusetzen – eine unendliche Geschichte

Zur Entwicklung des BGleiG:
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

65 Jahre nach Festschreibung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Grundgesetz (Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und über 20 Jahre nach Formulierung des ausdrücklichen grundgesetzlichen Auftrages, die Gleichberechtigung auch tatsächlich durchzusetzen (Satz 2), ist es nicht gelungen, Verhältnisse zu schaffen, in denen Frauen und Männer in gleicher Weise an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen teilhaben. Die tatsächliche Durchsetzung der sozialen und politischen Gleichberechtigung steht noch immer aus. Dies gilt auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes des Bundes. Das Ziel einer wirklichen Chancengleichheit und der Abbau von jeglichen Diskriminierungen wegen des Geschlechts wurden in der Bundesverwaltung bei weitem noch nicht erreicht. Im Dezember 2014 lag der Anteil an Frauen in Führungspositionen der obersten Bundesbehörden zusammengefasst bei 30,85 Prozent.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BVerfG

Keine Auskunftspflicht der Mutter gegenüber dem Scheinvater über den Erzeuger ohne Gesetz

1. Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen.
2. Die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt.
(amtliche Leitsätze)
Beschluss des BVerfG vom 24.02.2015 – 1 BvR 472/14

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Hamm

Alleinsorge für die Mutter

1. Die Mutter hat im Hauptsacheverfahren einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf die Sorgerechtsübertragung, auch wenn konkrete, die Alltagskompetenz nach § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB überschreitende Entscheidungen in Kindesbelangen derzeit nicht anstehen. Denn es kann der ungestörten Entwicklung und damit dem Wohl des Kindes nicht dienlich sein, für jeden künftig auftretenden Entscheidungsbedarf das Erfordernis eines gerichtlichen Verfahrens vor Augen haben zu müssen.
2. Anordnung der Alleinsorge beim Fehlen einer tragfähigen sozialen Beziehung bzw. eines Mindestmaßes an Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Emails des Vaters an die Mutter in herablassender und provokanter Art rechtfertigen eine Kommunikationsverweigerung der Mutter.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Hamm vom 24.11.2015, 14 UF 156/15

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Hamm

Umgangsausschluss

1. Der Umgang des Vaters mit den beiden 11- und 14-jährigen Kindern wird – mit Ausnahme von Kontakten durch Briefe und sonstige schriftliche Fernkommunikationsmittel – für die Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen, weil an der Ernsthaftigkeit der Ablehnung von persönlichen Kontakten durch die Kinder kein Zweifel besteht.
2. Die nachvollziehbare Motivation für die ablehnende Haltung der Kinder ergibt sich aus dem Beitrag des Antragsgegners zu dem erheblichen Konfliktverhältnis zwischen den Eltern, und aus seiner Unfähigkeit zu verstehen, dass aus seiner Sicht vernünftiges und für ihn begründetes Verhalten bei seinen Kindern einen anderen, eher negativen Stellenwert hat.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Hamm vom 15.02.2016 – 14 UF 135/14

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BAG

Urlaubsabgeltung – keine Kürzung wegen Elternzeit

Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.
BAG, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13
Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung. Die Klägerin war ab dem 1. April 2007 bei der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung i.H.v. zuletzt 2.000 Euro brutto als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer Fünftagewoche standen ihr jährlich 36 Urlaubstage zu. Im Jahr 2010 hatte sie sechs Tage Urlaub. Nach der Feststellung einer Schwangerschaft bestand ab dem 1. Mai 2010 ein Beschäftigungsverbot. Am 21. Dezember 2010 gebar sie einen Sohn. Nach Ablauf der Mutterschutzfrist befand sich die Klägerin ab dem 16. Februar 2011 in Elternzeit. Die Parteien beendeten das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. Mai 2012.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LAG Schleswig-Holstein

Fristlose Kündigung wegen länger zurückliegender sexueller Belästigung

Eine sexuelle Belästigung (hier: in den Raum gekommen, die Tür geschlossen, die Mitarbeiterin umarmt und an die Wand gedrängt und dann mit seinen Armen ihren Rücken hinab gestrichen bis zu ihrem Po) rechtfertigt eine fristlose Kündigung, obwohl das Geschehen im Kündigungszeitpunkt schon fast ein Jahr zurücklag.
Dass es der Mitarbeiterin möglich war, dennoch neben dem Belästiger weiterzuarbeiten, bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber gehalten ist, ebenso zu verfahren. Sexuelle Belästigungen im Betrieb sind in keinem Fall hinzunehmen.
(Leitsätze der Redaktion)
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.11.2015, 2 Sa 235/15

Preis: 3.00 EUR

Programm des 42. Feministischen Juristinnentages vom 6.-8. Mai in Wien

Dieses Jahr kommt der FJT erstmals nach Österreich. Wir freuen uns darauf, Wien damit von 6. bis 8. Mai für einige Tage zum Zentrum der feministischen Rechtswissenschaften zu machen! Der FJT ist die wichtigste Plattform für Analyse und Kritik von Zusammenhängen zwischen Recht und Geschlecht, Herrschaft und Emanzipation im deutschsprachigen Raum. Praktikerinnen aus verschiedenen juristischen Berufen, Rechtswissenschafterinnen und Studentinnen finden beim FJT eine ideale Gelegenheit sich auszutauschen, miteinander zu arbeiten und ein Fundament für langfristige Kooperationen aufzubauen. Auch Frauen* aus anderen Disziplinen sind herzlich eingeladen! Mit 16 Arbeitsgruppen in acht Tracks, vier großen Podiumsdiskussionen am Samstag und drei Workshops am Sonntagvormittag ist das Programm dieses Jahr besonders umfangreich. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildet die aktuelle Frage nach Flucht und Geschlecht.

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Ausgabe 2

Inhalt

Ausgabe 2/2016

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Berit Völzmann

Spießigkeit oder Geschlechtergerechtigkeit? – Für ein Verbot sexistischer Werbung!

Verbot in Sicht für sexistische Werbung?
Bewegung in der Politik und Entrüstung in den Medien
Eines der seit Jahrzehnten von Feminist_innen bearbeiteten Themen scheint im Jahr 2016 tatsächlich auf die Agenda von Politiker_innen geraten und ein gesetzgeberisches Eingreifen damit in greifbare Nähe gerückt zu sein: Am 09. April 2016 verkündete Spiegel Online, dass Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geschlechterdiskriminierende Werbung in Deutschland unterbinden wolle. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) solle bald in die Ressortabstimmung geschickt werden.
Die Entrüstungsstürme der Verteidiger_innen wirtschaftlicher Freiheit, „mündiger Verbraucher“ und unverhüllter Frauen folgten auf dem Fuße: Christian Lindner (FDP) etwa sprach sich gegen Spießigkeit, Thomas Heilmann (CDU) gegen Geschmacksvorschriften und ZEIT-Kommentatorin Dagmar Rosenfeld gegen staatlich verordnete Verklemmtheit aus.
Zeit, sich dem Thema nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich zu widmen und folgende These zu untermauern: Es bedarf eines Verbots sexistischer Werbung im UWG.

Preis: 3.00 EUR

Kirsten Scheiwe

Die Ausübung elterlicher Sorgerechte durch soziale Eltern – die Regelung der 'parental responsibility' im englischen Recht als Modell für eine Familienrechtsreform?

Die zunehmende Pluralisierung der Familienformen stellt alle europäischen Rechtsordnungen vor Herausforderungen. Der Beitrag befasst sich rechtsvergleichend mit der familienrechtlichen Regulierung sozialer Elternschaft, insbesondere mit dem Sorgerecht sozialer Eltern im englischen und im deutschen Recht. Soziale Elternschaft wird verstanden als länger andauernde Betreuung und Versorgung eines Kindes durch dritte Personen, die mit dem Kind zusammen leben und nicht rechtliche Eltern sind (beispielsweise Stiefeltern, Großeltern oder Verwandte, Pflegepersonen); es handelt sich also um 'Bindungspersonen', mit denen das Kind in einer 'sozial-familiären Beziehung' lebt. Die zunehmende Pluralisierung der Familienformen, in denen Kinder leben, bringt es mit sich, dass soziale Eltern häufig eine wichtige Rolle als Bezugspersonen für Kinder spielen und an der Erziehung, Betreuung und Versorgung des Kindes beteiligt sind. Die rechtliche Stellung dieser sozialen Eltern, die teilweise anerkannt und aufgewertet wurde, weist jedoch eine Reihe von Lücken auf. Die unzureichende rechtliche Absicherung sozialer Elternschaft im deutschen Recht wird beispielsweise dann zum Problem, wenn sich in erster Linie Dritte aus der Sphäre eines Elternteils um ein Kind kümmern (z.B. die Großeltern des Kindes oder die neue Partnerin eines Elternteils) und nach Wegfall dieses Elternteils (etwa durch Tod oder wegen Ruhens der elterlichen Sorge) der andere Elternteil die Rückführung des Kindes in seinen Haushalt verlangt.

Preis: 3.00 EUR

Katharina Erdmenger

Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf: Das Arbeitsrecht tastet sich an neue Lebensrealitäten heran.

Am 1. Januar 2015 ist das neue Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten. Damit wurde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU umgesetzt, in dem es heißt, dass die Möglichkeiten des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes unter einem Dach mit Rechtsanspruch zusammengeführt und weiterentwickeln werden sollten. Insbesondere war im Koalitionsvertrag angekündigt worden, eine Lohnersatzleistung ähnlich dem Kinderkrankengeld für kurzzeitige Freistellungen einzuführen. Das soll es ArbeitnehmerInnen ermöglichen, der Arbeit kurzfristig und ohne Einkommensverlust fern bleiben zu können, wenn eine akute Notlage die Pflege eines/ einer Angehörigen erfordert.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf fand eine Debatte ihren vorläufigen Abschluss, die sich an dem 2012 eingeführten Familienpflegezeitgesetz entzündet hatte: Das damalige Gesetz sah keinen Rechtsanspruch auf Pflegezeit vor, mithin verblieb das finanzielle Risiko während einer Pflegezeit weitgehend bei den Arbeitnehmer_innen, die sich mit einer Versicherung gegen Lohnausfälle schützen sollten. „Zu teuer“ hielt dennoch die Arbeitgeber-Seite dem Gesetz vor, während von links kritisiert wurde, dass die gesellschaftlichen Kosten der Pflege auf die ArbeitnehmerInnenseite und dort vorwiegend auf Frauen abgewälzt würden. Da die Regelung von 2012 in der Praxis von ArbeitnehmerInnen kaum genutzt wurde, wurde der Verbesserungsbedarf allenthalben anerkannt.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BAG

Verfallsfristen von Urlaub nach Beschäftigungsverbot und Elternzeit

1. § 17 Satz 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG, wonach die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote/der Elternzeit im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen kann, verlängern nicht den Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.
2. Diese gesetzlichen Sonderregelungen bestimmen abweichend von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG, dass der Urlaub nicht im „laufenden“ Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, sondern auch im Folgejahr genommen werden kann. Dieses ist dann das für das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr.
Urteil des BAG vom 15.12.2015, 9 AZR 52/15

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BGH

Babypause gilt im Notarbesetzungsverfahren nicht als Unterbrechung

Die Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 7 BNotO ist dahin auszulegen, dass auch ohne Verzicht auf die Zulassung zur Anwaltschaft Unterbrechungen der anwaltlichen Tätigkeit für die Dauer von bis zu zwölf Monaten wegen Schwangerschaft oder Betreuung eines Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen nicht als „Unterbrechung“ der Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO gelten.
Urteil des BGH vom 23.11.2015 – NotZ (Brfg) 2/15

Aus den Gründen:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass der Beklagte eine am 15. Mai 2014 für den Bezirk B. ausgeschriebene Notarstelle mit der Beigeladenen zu 1 besetzen will. […] Der Kläger ist Rechtsanwalt seit dem Jahre 2003. Er hat die zweite juristische Staatsprüfung und die notarielle Fachprüfung jeweils mit der Note „befriedigend“ (8,53 Punkte) abgelegt. Die Beigeladene zu 1 ist seit Juni 2006 Rechtsanwältin. Sie hat im zweiten Staatsexamen und in der notariellen Fachprüfung das Prädikat „vollbefriedigend“ (9,07 und 9,18 Punkte) erreicht. Kläger und Beigeladene zu 1 bewarben sich auf die für den Bezirk B. am 15. Mai 2014 ausgeschriebene Notarstelle.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des KG

Ordnungsgeld gegen den umgangsberechtigten Elternteil wegen zusätzlicher Kontakte

Eine gerichtliche Umgangsregelung, durch die der Umgang positiv geregelt wird, enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung ist mit Ordnungsmitteln durchsetzbar.
Beschluss des KG Berlin vom 12.02.2015 – 13 WF 203/14

Aus den Gründen:
I.
Der Vater wendet sich gegen den familiengerichtlichen Beschluss vom 28. August 2014, mit dem gegen ihn wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss des Familiengerichts vom 18. Januar 2011 (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, 163 F 8586/10) ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 € festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, angeordnet wurde, dass an die Stelle von jeweils 50 € Ordnungsgeld ein Tag Ordnungshaft tritt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des VG Potsdam

Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an Entscheidungsvorbereitungen

Die „aktive Teilnahme“ der Gleichstellungsbeauftragten am Entscheidungsprozess geht zeitlich der Maßnahmeabsicht voraus, die ihrerseits erst die „Mitwirkung“ gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 BGleiG a. F. auslöst.
Die Teilnahmerechte der Gleichstellungsbeauftragten bestehen daher schon in dem durch vorläufige Überlegungen gekennzeichneten Vorbereitungsstadium von gleichstellungsrelevanten Entscheidungen.
Der Gleichstellungsbeauftragten ist daher auch die Teilnahme an Sitzungen zu ermöglichen, bei denen derartige Entscheidungen – hier: die Abberufung des Geschäftsführers eines Jobcenters – vorbereitet werden. Dies umfasst als notwendige Voraussetzung die vorherige Bekanntgabe der Tagungstermine und der Tagesordnung.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Potsdam vom 24. Februar 2016 – 2 K 700/15

Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Gele¬genheit zur aktiven Teilnahme der Klägerin am Entscheidungsprozess zur Abberufung des vormaligen Geschäftsführers des Jobcenters B... (im Folgenden: Jobcenter). Die Klägerin ist Gleichstellungsbeauftragte beim Jobcenter B.... Das Jobcenter befindet sich in der Trägerschaft der Stadt B... und der Bundesagentur für Arbeit. Die Beklagte besteht aus je drei Vertretern der Agentur für Arbeit und der Stadt B....

Preis: 3.00 EUR

Eveline Schneider Kayasseh

Buchbesprechung: Nadjma Yassari: Die Brautgabe im Familienvermögensrecht. Innerislamischer Rechtsvergleich und Integration in das deutsche Recht

Im Rahmen von Eheschließungen zwischen Muslimen ist eine ehevertragliche Vereinbarung über die Zahlung einer Brautgabe (mahr) üblich, die in einer Summe Geld oder Sachwerten bestehen kann. Dieses Rechtsinstitut wurzelt im islamischen Recht und existiert noch heute in verschiedenen Ausprägungen in den Ländern, die ihr Familien- und Erbrecht auf dem islamischen Recht aufbauen.
Obschon die Brautgabe als „wichtiger Baustein im Gefüge des islamischen Eherechts“ (403) bezeichnet werden kann, ist eine vertiefte Befassung mit diesem Rechtsinstitut in den islamischen Ländern bislang weitgehend unterblieben. Zugleich müssen sich westliche Gerichte im Zuge der Migration vermehrt mit Brautgabenvereinbarungen befassen, wobei „die solcherart auf Wanderschaft geratene Brautgabe der deutschen Rechtspraxis und Lehre so manches Rätsel aufgibt“ (3), wie die deutsch-iranische Rechtswissenschaftlerin Najma Yassari, Autorin des Buchs mit dem Titel „Die Brautgabe im Familienvermögensrecht“ konstatiert. Unter diesen Vorzeichen erkennt Yassari den Bedarf, zwischen diesen beiden „geografischen Polen eine Brücke [zu] schlagen“ (4) und sich aus zwei Perspektiven mit der Brautgabe intensiv zu befassen. Dabei verfolgt sie den Ansatz, zum einen der „Frage nach der Funktion der Brautgabe im klassischen islamischen Recht sowie in den islamischen Ländern heute“ und der Rolle, die dieses Rechtsinstitut „im Kontext des geltenden Familienvermögensrechts ausgewählter islamischer Länder einnimmt“ nachzugehen, und sich zum anderen mit der Frage zu befassen „wie der Brautgabe in einem nichtislamischen Rechtsrahmen zu begegnen ist“. Diesbezüglich legt Yassari einen besonderen Fokus auf Deutschland.

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Bundesweite Fortbildung

„SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt!“

Nach 20 Jahren der wissenschaftlich fundierten Konzeptentwicklung und mehrjähriger Erfahrung in der praktischen Umsetzung in zwei Hamburger Stadtteilen liegt mit SToP ein ausgereiftes Konzept vor, das neue Möglichkeiten zur Prävention und Unterstützung im Bereich häuslicher Gewalt/Beziehungsgewalt bereitstellt.
Unseren Erkenntnissen nach ist die Einbeziehung von Nachbarschaften und der Aufbau (transkultureller) lokaler, sozialer Netzwerke ein unerlässlicher und weiterführender Schritt in der gewaltpräventiven Arbeit. Auf dieser Grundlage und angesichts des nach wie vor hohen Ausmaßes der Gewalt an Mädchen und Frauen sowie auch der neuen Herausforderungen im Rahmen der Arbeit mit Geflüchteten möchten wir unsere Expertise nun weitergeben.
Der SToP-Ansatz kombiniert erstmalig theoretisches und praktisches Wissen aus den Bereichen der Arbeit gegen die Gewalt an Frauen und der sozialraumorientierten Arbeit. Er bewegt sich inhaltlich und methodisch im Schnittfeld von geschlechtssensibler, gewaltpräventiver Arbeit/Erwachsenenbildung/Öffentlichkeitsarbeit/Förderung von Zivilcourage und Empowerment/Gruppen-, Netzwerk und Nachbarschaftsarbeit. Grundlegendes Fachkonzept ist die Gemeinwesenarbeit bzw. das Community Organizing.

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Hinweis

djb fordert Wahlarbeitszeit

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hat ein Konzept für ein Wahlarbeitszeitgesetz erarbeitet. Das Gesetz soll für die Beschäftigten umfassende subjektive Rechte auf eine selbstbestimmte(re) Zeitverwendung in der Erwerbsarbeit rechtspolitisch umsetzen. Wahlarbeitszeit meint eine lebensphasenorientierte Gestaltung von Erwerbsarbeitszeit, die für beide Geschlechter die Möglichkeit eines gleichberechtigten und partnerschaftlichen Lebens eröffnet und damit den Abschied vom „40 Jahre – 40 Stunden – Normalarbeitsverhältnis“ mit seinen negativen ökonomischen und beruflichen Folgen insbesondere für Frauen bedeutet.

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Resolutionen und Stellungnahmen des 42. FJT, 6.–8. Mai 2016 in Wien

1. Flucht und Geschlecht
Das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf menschenwürdige Existenzsicherung sind im Fall jeder asylsuchenden Person zu wahren. Dennoch ist der Zugang zum Asylverfahren (gerade) für geflüchtete Frauen*, Inter- und Transpersonen mit Gewalt, Eingriffen in die (sexuelle) Selbstbestimmung und Lebensgefahr verbunden.
Wir fordern daher:

  • Zugang zu einem fairen Verfahren für alle Geflüchteten und damit die Einhaltung völker- und unionsrechtlicher Verpflichtungen;
  • angemessene Betreuung und Unterbringung für alle Geflüchteten unter besonderer Rücksichtnahme auf Gruppen, die häufig von sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt betroffen sind, sowie
  • die Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, insbesondere solange der Staat seine Verantwortung in diesem Bereich nicht wahrnimmt.

Zudem sprechen wir uns dezidiert gegen die Instrumentalisierung feministischer Anliegen für rassistische Hetze aus.

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Katharina Lipp und Marija Petričević

Bericht vom 42. Feministischen Juristinnentag am 6.–8. Mai 2016 in Wien

Der FJT überschreitet empowernd die Ländergrenze nach Österreich.
Der 42. Feministische Juristinnentag (FJT) wurde dieses Jahr vom 6.bis 8. Mai in Wien gefeiert. Ja, gefeiert! Denn die Atmosphäre war eine euphorisch empowernde. Erstmalig in seiner Geschichte fand der FJT in Österreich statt und hatte eine Rekordteilnehmerinnen*zahl von 320 Frauen*. Anfang April musste die Orga-Gruppe in einer Krisensitzung zusammentreten, da die Ressourcen mit 300 Anmeldungen ausgeschöpft waren. Sie traf schweren Herzens die Entscheidung, die Anmeldung zu schließen. Wer auf der Warteliste verblieb, wird sich nächstes Jahr voraussichtlich frühzeitig anmelden.
Aber gehen wir zunächst noch etwas in der Zeit zurück. Die Idee zum FJT in Wien entstand bereits im Jahr 2008, als Elisabeth Holzleithner und Sandra Konstatzky, beim FJT in Leipzig laut darüber nachdachten, wie großartig es wäre, den FJT nach Österreich zu holen. Beim nächsten FJT in Leipzig im Jahr 2014 wurde die Intention schließlich reaktiviert.

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Ausgabe 3

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Ausgabe 3/2016

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Sibylla Flügge

Schutz oder Gefahr? Das Prostituiertenschutzgesetz – eine Herausforderung für die Länder und Kommunen

Der Bundestag hat sich zum Ziel gesetzt, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, „um die in der Prostitution Tätigen besser zu schützen, ihr Selbstbestimmungsrecht zu stärken und um Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei zu bekämpfen.“1 So sehr dieses Ziel von allen gesellschaftlichen Kräften befürwortet wird, so sehr wird über die richtige Umsetzung gestritten.2 Das gilt auch für feministische Juristinnen, die in dieser Frage gegensätzliche Positionen beziehen. Während die einen nach „schwedischem Modell“ Prostitution grundsätzlich ächten und jede Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen verbieten wollen,3 sehen die anderen darin keine erfolgversprechende Strategie, die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen und ihre Würde zu schützen. Sie setzen auf Aufklärung, Hilfeangebote und eine Stärkung der Rechte der in der Prostitution Tätigen durch Schutzvorschriften.

Preis: 3.00 EUR

Nichtannahmebeschluss des BVerfG

Kein Umgang gegen den Willen des Kindes

1. Ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang kann durch die Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit mehr Schaden verursachen als Nutzen bringen. Selbst ein auf einer Beeinflussung beruhender Wunsch kann beachtlich sein, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist.
2. Der Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen. Keine erneute Begutachtung wegen der Belastung des Kindes.
3. Keine Befristung des Umgangsausschlusses wegen des eindringlich geäußerten Wunsches des 12-jährigen Kindes nach einem Umgangsausschluss bis zu ihrem 18. Lebensjahr und weil das Kind nach Ablauf der Befristung erneut mit einem sie belastenden Verfahren seitens des Vaters rechnen muss.
(Leitsätze der Redaktion)
Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 17.09.2016 – 1 BvR 1547/16

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BGH

Keine gemeinsame Sorge bei nachhaltigem und tiefgreifendem Elternkonflikt

1. Auch bei der „negativen“ Kindeswohlprüfung nach § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorrangiger Maßstab für die Entscheidung das Kindeswohl. Notwendig ist die umfassende Abwägung aller für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände. Dafür gelten die zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entwickelten Grundsätze.
2. Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich aus der negativen Formulierung der Kindeswohlprüfung die (objektive) Feststellungslast dahin, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist.
3. Gründe, die der gemeinsamen elterlichen Sorge im Sinne von § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenstehen können, sind bereits dann gegeben, wenn sich aus den dem Gericht dargelegten oder sonst ersichtlichen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten die Möglichkeit ergibt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Unbeachtlich sind dagegen Umstände, die keinen Bezug zum konkreten Fall oder dem Wohl des Kindes aufweisen.
4. Zur persönlichen Anhörung des Kindes im Sorgerechtsverfahren.
(amtliche Leitsätze)
5. Zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten gefordert werden muss, gehören alle nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeinsam zu treffenden Entscheidungen, zu denen auch die Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil zählen.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des BGH vom 15. Juni 2016 – XII ZB 419/15

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Dresden

Schwere Drohungen als Ausdruck mangelnder Erziehungsfähigkeit

Brutalität und Rohheit von Kurznachrichten machen es für die Mutter unzumutbar, sich mit dem Vater regelmäßig in schulischen und sozialrechtlichen Fragen abzustimmen, ohne dass es auf weitere Gewalthandlungen ankommt.
Zugleich ergibt sich daraus, dass der Vater nicht über das notwendige Mindestmaß an Sensibilität und Empathiefähigkeit verfügt, um die Bedürfnisse seines Kindes zu erkennen und zu befriedigen.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Dresden vom 10.09.2015 – 23 UF 727/15

Preis: 3.00 EUR

Urteil des AG Hamburg-Harburg

Kein Umgang und Recht auf Informationen nach Angriff auf Tante

Der Umgang des Vaters mit seinen Kindern wird bis zum 31.12.2017 ausgeschlossen. Bis zum 30.06.2017 hat der Vater auch keinen Anspruch auf Informationen über die Kinder
Ohne therapeutische Aufarbeitung des Vorfalls wäre ein Kontakt mit dem Vater Kindeswohl schädlich.
Beschluss des AG Hamburg-Harburg vom 19.07.2016 – 631 F 391/15–rkr.

Aus dem Sachverhalt:
Die Beteiligten sind die nichtehelichen Eltern der Kinder H. und Y. B. Nach einer Trennung und einem Versöhnungsversuch 2012 leben die Beteiligten getrennt. H. und Y. leben seitdem bei der Antragstellerin. (...) Die Antragstellerin (hat) die alleinige elterliche Sorge.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Bremen

Vergütungsfestsetzung/Verbindung von Verfahren

Die getrennte Einleitung von Sorgerechts- und Umgangsverfahren verstößt nicht grundsätzlich gegen die Pflicht zur kostensparenden Verfahrensführung.
Hierfür können durchaus sachliche Gründe vorliegen, beispielsweise die größere Eilbedürftigkeit des Umgangsverfahrens.
(Leitsätze der Redaktion)

Beschluss des OLG Bremen vom 11.06.2015 – 5 WF 20/15

Aus den Gründen:
1. Die nach §§ 56, 33 Abs. 3 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
2. Das Familiengericht hat in der angefochtenen Entscheidung die an die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen zu Recht für zwei Verfahren festgesetzt (Umgang und Sorgerecht) und dabei einen Gegenstandswert von je 3.000 EUR zugrunde gelegt.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des Schleswig-Holsteinisches OLG

Vergütungsfestsetzung für Verfahrensbeistand

Wirkt ein für ein Sorgerechtsverfahren bestellter Verfahrensbeistand bei der in diesem Verfahren protokollierten Umgangsvereinbarung mit, kommt eine konkludente Bestellung zum Verfahrensbeistand in Betracht.
(Leitsatz der Redaktion)

Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes vom 19.04.2016 – 15 WF 170/15

Aus den Gründen:
1. Die Beschwerdeführerin begehrt die Festsetzung einer weiteren Vergütung als Verfahrensbeistand auch für den Verfahrensgegenstand Umgang. Die Beschwerdeführerin ist in dem Ausgangsverfahren betreffend den Antrag der Kindesmutter auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge durch Beschluss des Amtsgerichtes als Verfahrensbeistand für die Kinder bestellt worden, wobei die berufsmäßige Ausübung festgestellt und die weiteren Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG übertragen wurden. Die ihr hierfür zustehende Vergütung hat die Beschwerdeführerin erhalten.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Hamm

Abendgabe (Mahr) auch ohne Scheidungsverstoßung

Stellt die Ehefrau den Scheidungsantrag und beruft sich der Ehemann zur Verteidigung gegen die im Verbund mit der Ehescheidung geltend gemachte Zahlung der Abendgabe auf deren nach den Art. 80-90, 343 des Libanesischen Familiengesetzes vom 16.07.1962 nur bei Scheidungsverstoßung („talaq“) durch ihn eintretende Fälligkeit, verstößt dies gem. Art. 6 EGBGB sowie entsprechend den Art. 10, 12 Rom-III-Verordnung gegen den deutschen Ordre public und das Verbot der Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1GG). (Amtlicher Leitsatz 5.)
Beschluss des OLG Hamm vom 22.04.2016 – 3 UF 262/15

Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsgegner (31 Jahre alt, deutscher Staatsbürger libanesischer Abstammung) wendet sich mit der Beschwerde gegen den familiengerichtlichen Beschluss, der seine Ehe mit der Antragstellerin (27 Jahre alt, Libanesin) geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsgegner zur Zahlung einer Abfindung von 15.000,00 US-Dollar (nach dem Wechselkurs, Stand 19.04.2016: rund 13.260,00 EUR) an die Antragstellerin verpflichtet hat. […]

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BSG

Opferentschädigung nach sexuellem Missbrauch in der DDR/Anspruch auf Opferentschädigung nach Vorschädigung in der DDR Zum Urteil des BSG vom 18.11.2015, B 9 V 1/14 R–Praxishinweis von Susette Jörk

1. Die Härtefallregelung des Opferentschädigungsgesetzes für Schwerbeschädigte „allein infolge dieser Schädigung“ ist erfüllt, wenn sich die Schädigung im zeitlichen und räumlichen Erstreckungsbereich des Gesetzes auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in der Zeit vom 7.10.1949 bis zum 2.10.1990 ereignet und für sich allein betrachtet zu einer Schwerbeschädigung geführt hat.
2. Eine Erhöhung des Grads der Schädigungsfolgen wegen besonderer beruflicher Betroffenheit ist auch im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes möglich (Bestätigung von BSG vom 24.7.2002 – B 9 VG 5/01 R und vom 12.6.2003 – B 9 VG 1/02 R = BSGE 91, 107 = SozR 4-3800 § 1 Nr 3).
3. Treffen Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz in verschiedenen Bundesländern zusammen, ist für die Festsetzung einer einheitlichen Rente das Land zuständig, das über die letzte Schädigung entscheidet.
(Leitsätze des Gerichts
4. Der Annahme einer Schädigung i.S. des § 1 OEG steht nicht entgegen, dass die einzelnen Missbrauchshandlungen zeitlich nicht mehr genau fixierbar waren und der Tathergang nicht mehr bis ins Detail rekonstruiert werden konnte, denn an die Feststellung eines detaillierten Geschehensablaufs sind versorgungsrechtlich keine Rechtsfolgen geknüpft.
(weiterer Leitsatz der Redaktion)

Urteil des BSG vom 18.11.2015, B 9 V 1/14 R

Aus dem Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über eine Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) i.V.m. dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz – BVG).

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BAG mit Anmerkung von Gisela Ludewig

Bewährungsaufstieg–Unterbrechung durch Elternzeit

§ 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT verletzte das Benachteiligungsverbot des § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG, soweit danach die Inanspruchnahme von Elternzeit nur bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren als unschädlich angesehen wurde und längere Unterbrechungszeiträume zum Verlust der gesamten bis dahin zurückgelegten Bewährungszeit führten.
(Amtlicher Leitsatz)
Das gesetzliche Benachteiligungsverbot bindet als zwingendes Recht mangels einer Tariföffnungsklausel auch die Tarifvertragsparteien.
(Weiterer Leitsatz der Redaktion)

Urteil des BAG vom 12.04.2016, 6 AZR 731/13

Anmerkung
Die Klägerin war seit 1991 in die Vgr. IIa BAT eingruppiert, aus der nach 15jähriger Bewährungszeit die Höhergruppierung in die Vgr. Ib BAT vorgesehen war. Nach der Geburt ihres ersten Kindes nahm sie ab 1997 für 2 Jahre und mehrere Monate Erziehungsurlaub und kehrte danach auf ihren Arbeitsplatz zurück. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes nahm sie wieder 2 Jahre und einige Monate Elternzeit, zusammengerechnet hatte sie ihre Bewährungszeit damit um mehr als 5 Jahre unterbrochen. Dies führte nach § 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT dazu, dass ihre Bewährungszeit nach Ende der Elternzeit für das zweite Kind im Jahr 2003 neu begann.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LAG Saarland

Kürzungen von Sonderzahlungen während Elternzeit

1. Sonderzahlungen (hier: Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld), die keinen reinen Entgeltcharakter haben, dürfen ohne Hinzutreten zusätzlicher Vereinbarungen nicht gekürzt werden. Rückzahlungs- und Ausschlussklauseln für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprechen gegen den reinen Entgeltcharakter von Sonderzahlungen.
2. Eine formularmäßige Vereinbarung, die der Arbeitgeberseite die Möglichkeit zur ratierlichen Kürzung je Fehltag einräumt, ohne nach den Gründen für die Fehlzeiten zu differenzieren, stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB dar, weil von dieser generalisierenden Formulierung auch Kürzungen für Zeiten der gesetzlichen Beschäftigungsverbote gemäß den §§ 3, 6 Mutterschutzgesetz umfasst sind, die wegen des insofern geschlechtsdiskriminierenden Ansatzes nicht erlaubt sind.
(Leitsätze der Redaktion)

Urteil des LAG Saarland vom 22.04.2015, 2 Sa 103/14

Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten vorliegend über das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld innerhalb des zeitlichen Rahmens der von der Klägerin genommenen Elternzeit.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LAG Köln mit Anmerkung von Malin Bode

Keine zwangsweise Berentung einer Schwerbehinderten

Das Arbeitsverhältnis einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin, die gemäß §§ 33 Abs. 2, 236a Abs. 2 SGB VI vorzeitig eine (abschlagsfreie) Altersrente für Schwerbehinderte beanspruchen kann, endet nicht gemäß § 19 Abs. 3 AVR („Das Dienstverhältnis endet ohne Kündigung mit Ende des Monats, in dem der Mitarbeiter das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen einer abschlagfreien Regelaltersrente vollendet“).
(Leitsatz der Redaktion)

Urteil des LAG Köln vom 27.11.2014–13 Sa 55714–nrkr.

Zum Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer Altersgrenzenregelung beendet wird.

Preis: 3.00 EUR

Malin Bode

Das Problem der Zwangsverrentung im Kontext niedriger Frauenrenten Zum Urteil des LAG Köln

Die Entscheidung setzt sich mit dem Problem der Altersgrenzenregelung in den AVR (Allgemeine Vergütungsrichtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes), die sie wie Tarifverträge auslegt, auseinander. Hier geht es um eine Regelung (§ 19 Abs. 3 AVR „Das Dienstverhältnis endet ohne Kündigung mit Ende des Monats in dem der Mitarbeiter das gesetzlich festgelegt Alter zum Erreichen einer abschlagsfreien Regelaltersrente vollendet“), die das bestehende Arbeitsverhältnis bei Erreichung der Altersgrenze kündigungslos beendet, zu der eine Arbeitnehmerin eine sogenannten „abschlagsfreie“ Regelaltersrente beanspruchen kann und die die Arbeitgeberin auch bei Möglichkeit der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung – sozusagen zwangsweise – zur Anwendung bringen will. 

Preis: 3.00 EUR

Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig mit Anmerkung von Susette Jörk

Entschädigung wegen schwangerschaftsbedingter Benachteiligung

Wenn eine Schwangere im Personalgespräch gedrängt wird, auf Vergütungsbestandteile zu verzichten, Urlaub, der nicht beantragt war, zu nehmen, möglicherweise auf Urlaubsansprüche zu verzichten und ohne Not noch am gleichen Tag ihren Arbeitsplatz zu räumen, sind dies Indizien für eine unmittelbare Diskriminierung, die eine Schadensersatzpflicht auslöst.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 06.04.2016, 6 Ca 4069/15

Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung restlicher Arbeitsvergütung während eines Beschäftigungsverbots. Darüber hinaus begehrt die Klägerin von der Beklagten Entschädigung nach dem AGG.

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Kirsten Scheiwe: Geht die Gleichstellungspolitik im „Regelungsgestrüpp“ des Arbeits- und Sozialrechts unter?

Aus STREIT 4/2000, S. 147-151 (Auszug)
Die Komplexität der Regelungen durch Rechtsnormen und Rechtsprechung nimmt im Sozial- und Arbeitsrecht zu; von Deregulierung kann kaum die Rede sein, sondern von Re-Regulierung, von An- und Umbaumaßnahmen, um die Rechtsnormen veränderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen mehr oder weniger gelungen anzupassen. Was geschieht in diesem Prozess mit Regelungen zum Abbau der Benachteiligung von Frauen?

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Hinweis

FRI-Newsletter

Das FRI – Schweizerisches Institut für feministische Rechtswissenschaft und Gender Law (www.genderlaw. ch) – hat zu seinem 20. Jubiläum am 1. September 2015 einen Gender Law Newsletter lanciert. Die Redaktion schaut bereits auf ein erfolgreiches Jahr zurück.

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Ausgabe 4

Inhalt

Ausgabe 4/2016

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Anke Stelkens

Digitale Gewalt und Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Vom analogen zum virtuellen Raum
Der virtuelle Raum ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Wer jung ist oder up to date sein will, bewegt sich in sozialen Netzwerken, what`s appt ohne Kosten und schnellstmöglich Kontakte und Termine, informiert und präsentiert sich in Suchmaschinen, organisiert sich blitzschnell betreffend Orte, Wege, Zeiten, Veranstaltungen und das möglichst von unterwegs mit Angabe des Standortes und unter Zugriff auf die Cloud, konsumiert mit wenigen Klicks per Bestellbutton, tindert, vergibt Likes und postet mal eben online eine Meinung oder spielt und chattet in virtuellen Communities. Tut insbesondere eine Frau dies alles nicht (mehr), fühlt es sich bestenfalls alt an, ist sie jedenfalls ausgeschlossen, oft beruflich nicht mehr konkurrenzfähig. Es ist auf Dauer keine Option, sich diesem virtuellen Raum zu entziehen oder sich auf umständlichen zeitintensiven Umwegen zu bewegen.

Preis: 3.00 EUR

Anne Lenze

Verbesserung der Situation Alleinerziehender

1. Empirische Fakten über Alleinerziehende
In Deutschland lebten 2014 rund 1,64 Millionen Alleinerziehende mit 2,3 Millionen minderjährigen Kindern. Zum größten Teil sind dies alleinerziehende Mütter (89%). Es ist die einzige Familienform, die Zuwachsraten verzeichnet. Während 2014 infolge des demografischen Alterungsprozesses in Deutschland insgesamt rund 1,37 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern weniger lebten als 1996, gab es bei den Alleinerziehenden im selben Zeitraum einen Anstieg um 335.000 Haushalte.

Nach allen verfügbaren Datenreihen ist das Armutsrisiko für Alleinerziehende in den letzten Jahren gestiegen, so z.B. seit 2006 um 16,2 %, während das Risiko für Paare mit zwei Kindern um knapp 7 % gesunken ist. Dies ist umso bemerkenswerter als im gleichen Zeitraum die Erwerbstätigenquote alleinerziehender Frauen erheblich gestiegen ist. Von den 1,89 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren im Hartz-IV-Bezug leben 965.000, etwas mehr als die Hälfte, in Alleinerziehenden-Haushalten. Kinderarmut ist damit zur Hälfte auf die Armut von Alleinerziehenden zurückzuführen.

Preis: 3.00 EUR

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF)

Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF)
A. 1. EU-Recht und europäisch vorgegebenes Leitbild
Die Reform muss europäische Vorgaben berücksichtigen, d. h. in erster Linie die Richtlinie 92/85/EWG (Mutterschutzrichtlinie), die wiederum systematisch eng mit dem betrieblichen Arbeitsschutz verknüpft ist. Die MutterschutzRL ist als 10. Einzelrichtlinie zur RL 89/391/EWG (ArbeitsschutzrahmenRL) ergangen. Nach europäischem Verständnis ist Mutterschutz auch Teil des betrieblichen Arbeitsschutzes. Der betriebliche Mutterschutz wiederum basiert auf kommunikativ-partizipativen Instrumenten (Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Information, Beteiligung).

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BVerfG

Voller Schutz vor Massenentlassungen für Frauen in der Elternzeit

1. Es verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Arbeitnehmerin im Zusammenhang mit ihrer Elternzeit, die unmittelbar an die verfassungsrechtlich in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Elternschaft anknüpft, vom Anwendungsbereich des Massenentlassungsschutzes faktisch ausgeschlossen wird.
2. Die Gesetzesauslegung, eine Kündigung unterfalle nur dann den für Massenentlassungen geltenden Regelungen, wenn sie innerhalb der 30-Tage-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zugehe, führt zu einer faktischen Benachteiligung wegen des Geschlechts. Zwar knüpft die Schlechterstellung an die Elternschaft an. Doch trifft sie damit Frauen in erheblich höherem Maß als Männer, weil Elternzeit jedenfalls bislang in evident höherem Maß von Frauen in Anspruch genommen wird. Sie verstößt daher gegen den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG in seiner Verstärkung durch das Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG.
3. Bei Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz gilt daher der 30-Tage-Zeitraum nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG auch dann als gewahrt, wenn die Antragstellung zur Erklärung der Zulässigkeit der Kündigung bei der zuständigen Behörde innerhalb dieses Zeitraums erfolgt ist.
4. Kündigungen, die allein deshalb außerhalb des 30-Tage-Zeitraums nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zugehen, weil zunächst ein anderes, behördliches Verfahren wie die Zulässigkeitserklärung nach § 18 Abs. 1 BEEG – durchzuführen war, sind so zu behandeln wie Kündigungen, für die die Regeln des Massenentlassungsschutzes gelten.
(Leitsätze der Redaktion)

Beschluss des BVerfG vom 08. Juni 2016 – 1 BvR 3634/13

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Urteil des SG Dortmund

Arbeitslosengeld für OGS Schulbetreuerin

1. Wenn eine Schulbetreuerin geringfügig beschäftigt wird und zusätzlich eine Steuerpauschale als Übungsleiterin erhält, jedoch an einem Dienstort mit einheitlicher Leitung eingesetzt wird, die auch einheitlich das Direktionsrecht ihr gegenüber ausübt, liegt eine einheitliche sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vor, die im Fall der Arbeitslosigkeit auch Arbeitslosengeld- I Ansprüche gemäß § 137 SGB III bewirkt.
2. Dies gilt auch, wenn diese beiden Beschäftigungen formal durch zwei, jedoch eng verbundene Arbeitgeber, die von einander wissen, erfolgen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV gilt die in Satz 3 vorgesehene Privilegierung des Arbeitgebers dann nicht, wenn er, wie hier, seine Pflicht, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären, vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des SG Dortmund vom 23.5.2016 – S 31 AL 966/13 – rkr

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BGH

Die deutsche Ehefrau der südafrikanischen Mutter eines in Südafrika geborenen Kindes ist als Mutter einzutragen

1. Eine im Ausland (hier: Südafrika) geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe unterliegt kollisionsrechtlich den für die eingetragene Lebenspartnerschaft geltenden Regeln.
2. Weist das anwendbare ausländische Recht die Elternstellung für ein Kind neben der Mutter kraft Gesetzes auch deren Ehefrau oder Lebenspartnerin zu, so liegt darin kein Verstoß gegen den kollisionsrechtlichen ordre public (im Anschluss an Senatsbeschluss BGH, 10. Dezember 2014, XII ZB 463/13, BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240). Die Anerkennung dieser Eltern-Kind-Zuordnung scheitert auch nicht an der sogenannten Kappungsregelung in Art. 17b Abs. 4 EGBGB.
3. Vor der Eintragung einer Auslandsgeburt hat das Standesamt die Staatsangehörigkeit des Kindes in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Ist als Voraussetzung des Staatsangehörigkeitserwerbs nur die nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Abstammung zweifelhaft, darf es die Eintragung nicht von der vorherigen Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 30 Abs. 3 StAG und der Vorlage eines Staatsangehörigkeitsausweises abhängig machen.

Beschluss des BGH vom 20. April 2016 – XII ZB 15/15

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des KG Berlin

Keine gemeinsame Sorge bei tiefgreifenden Konflikten unabhängig vom Verschulden

§ 1626 a BGB setzt ebenso wie § 1671 Abs. 1 BGB die Feststellung voraus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht.
Liegen Umstände vor, welche eine Kindeswohlgefährdung als möglich erscheinen lassen, ist der Sachverhalt vom Familiengericht umfassend und ergebnisoffen aufzuklären.
Ein tiefgreifender Konflikt zwischen den Eltern steht der Anordnung einer gemeinsamen Sorge auf den Vater auch dann entgegen, wenn die Mutter den überwiegenden Teil der Verantwortung für den Konflikt trägt, denn die Übertragung der gemeinsamen Sorge ist kein Sanktionsmittel, vielmehr muss sie dem Kindeswohl dienen.
Eine verantwortliche Entscheidung im Interesse des Kindes ist kaum denkbar, wenn dem Inhaber der gemeinsamen Sorge dessen Interessen und Wünsche mangels Kontakt nicht bekannt sind.
(Leitsätze der Redaktion)

Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 21.12.2016, 25 UF 23/16

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des AG Bremen/Beschluss des Hans. OLG Bremen

Keine gemeinsame Sorge gegen den begründeten Wunsch des 11-jährigen Kindes/Einigungsfähigkeit über Umgangsfragen ist eine Voraussetzung für die gemeinsame Sorge

Die gemeinsame Sorge widerspricht dem Kindeswohl, wenn das Kind diese ablehnt, weil es sich durch den Wunsch des Vaters nach gemeinsamer Sorge in seiner bisherigen Lebensgestaltung bedroht fühlt auch weil der Vater nicht dazu in der Lage ist, verständnisvoll auf die Befürchtungen und Wünsche des Kindes einzugehen.
Hat die Auseinandersetzung um die gemeinsame Sorge einen fortgesetzten destruktiven Elternstreit zur Folge, der absehbar nicht befriedet werden kann, führt das für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen, die der gemeinsamen Sorge entgegen stehen.

Beschluss des AG Bremen vom 20.07.2016, 65 F 7360/15 SO

Der Beschluss wurde vom Hanseatischen OLG Bremen am 16.12.2016 ohne vorherige mündliche Verhandlung bestätigt – Az: .5 UF 110/16 (Auszug aus den Entscheidungsgründen unten.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Hamm

Bei einer türkischen Hochzeit der Ehefrau umgehängter Brautschmuck ist ihr geschenkt

Der Brautschmuck, der einer türkischstämmigen Ehefrau bei einer in der Türkei stattfindenden Hochzeit umgehängt wird, gilt als ihr geschenkt, es sei denn, es kann ein Gegenbeweis geführt werden.
Falls dieser Brautschmuck vom Ehemann ohne Zustimmung der Ehefrau verkauft wird, so ist der Ehemann zum Schadenersatz verpflichtet.
Kann der Wert dieses Schmuckes nicht mehr im Einzelnen festgestellt werden, entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände gemäß § 287 Abs. 1 ZPO.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Hamm vom 25.04.2016 – 4 UF 60/16

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des Hans. OLG Hamburg

Beiordnung einer Rechtsanwältin im Gewaltschutzverfahren

1. Die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage in § 78 Abs. 2 FamFG richtet sich auch nach der Neuregelung durch das FamFG danach, ob ein Beteiligter in der Lage ist, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Ist bereits der Gewaltschutzantrag mit Hilfe einer Beratungsstelle gestellt, spricht dies gegen die subjektive Fähigkeit der Beteiligten, ihre Rechte selbstständig wahrzunehmen.
2. Anwaltliche Vertretung kann auch zur Durchsetzung des Anspruchs auf gerichtliche Entscheidung erforderlich sein, etwa wenn das Gericht entgegen § 36 Abs. 1 Satz 2 FamFG auf eine gütliche Einigung im Gewaltschutzverfahren hinwirkt.

Beschluss des Hans. OLG Hamburg, vom 04.12.2014 – 2 WF 15/14

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des AG Bremen

GewaltschutzAO im Eilverfahren für 1 Jahr von Amts wegen

Auch im Eilverfahren kann die Dauer der gerichtlichen Schutzmaßnahme auf ein Jahr ausgedehnt werden, wenn dies wegen der Schwere des Angriffs erforderlich erscheint (§ 1 GewSchG).
Beschluss des AG Bremen vom 25.08.2016, 71 F 4936/16 EAG S

Preis: 3.00 EUR

Buchhinweise

Aust, Kerstin: Das Kuckuckskind und seine drei Eltern. Eine kritische Würdigung der bestehenden Rechtslage mit Vorschlägen für interessengerechte Regelungen unter rechtsvergleichenden Aspekten aus dem EMRK-Raum, P. Lang, Frankfurt a.M.
Bell, Patricia: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Partnergewalt. Zusammenhänge und Interventionsmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt, B. Budrich, Opladen 2016
Bff – Frauen gegen Gewalt e.V. (Hg.): Handbuch Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt in der Arbeits- und Ausbildungswelt: Recht und Realität, Eigenverlag, Berlin

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43. Feministischer Juristinnentag 12. bis 14. Mai in Hamburg, Universität

Freitag, 12. Mai 2017
16:00/17.00 Uhr Rahmenprogramm/Einführung für Neueinsteigerinnen
19: 30 Uhr: Eröffnungsveranstaltung im Rathaus
Lore Maria Peschel-Gutzeit, Rechtsanwältin, Senatorin für Justiz a.D., Berlin wird über ihr Leben und Wirken berichten, insbesondere über ihre Rolle bei der Durchsetzung von rechtspolitischen Forderungen und ihren Eindruck von feministischen Herausforderungen heute.

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