Ausgabe 1

Inhaltsverzeichnis 1/1999

PDF-Download

Elke H. Mildenberger

Änderungen im 13. Abschnitt des StGB durch das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts: durchdachte Novellierung oder unsystematischer Reformeifer?

I. Einleitende Bemerkung
Das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts v. 26.01.1998 (6. StrRG), das seit 01.04.1998 in Kraft ist, hat den Besonderen Teil des StGB in wesentlichen Bereichen novelliert. Dieses ohne erkennbaren Grund sehr zügig durch die parlamentarischen Instanzen gebrachte Reformwerk hat sich zum Ziel gesetzt, strafrahmenbedingte Wertungswidersprüche und Ungleichgewichte zwischen den Eigentums- und Vermögensdelikten einerseits und den höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung schützenden Strafvorschriften andererseits zu beseitigen.  Daneben wurde ein Großteil der Tatbestände des Besonderen Teils geändert, neu gefaßt oder aufgehoben. Die Änderungen im 13. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) beschränken sich dabei im wesentlichen auf den sexuellen Mißbrauch sowie die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Der sexuelle Mißbrauch in der Therapie wurde in den Schutzbereich der Sexualdelikte einbezogen. Hauptanliegen der Reformbemühungen im Sexualstrafrecht ist die überwiegend in einer Verschärfung resultierende Angleichung ("Harmonisierung?") vieler Strafrahmen an strukturell vergleichbare Eigentums- und Vermögensdelikte (insbesondere §§ 249 ff. StGB) sowie die unsystematische Umwandlung von Regelbeispielen in Qualifikationstatbestände und umgekehrt.

Preis: 3.00 EUR

Beschluß des BVerfG

Nennung des eigenen Namens bei sexuellem Mißbrauch zulässig

Die Nennung des eigenen Namens im Zusammenhang mit einer von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Außerung nimmt am Schutz der Meinungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts teil.
BVerfG, Beschluß v. 24.3.1998 - 1 BvR 131/96

Aus den Gründen:

A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein zivilgerichtliches Urteil, mit dem die Beschwerdeführerin zur Unterlassung einer Äußerung verurteilt worden ist, wenn sie dabei den Namen ihres Vaters oder ihren Namen nennt.

B.
Das Urteil des Oberlandesgericht Celle v. 22.11.1995 - 13 U 84/94 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, soweit es sie zur Unterlassung der Nennung ihres eigenen Namens im Zusammenhang mit der Äußerung, der Kläger des Ausgangsverfahrens habe sie sexuell mißbraucht, verpflichtet. In diesem Umfang und mit seiner Kostenentscheidung wird es aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LG Hannover

Schmerzensgeld wegen sexualisierter Gewalt in der Therapie

1. Die Auftnahme privater Kontakte eines Heilpraktikers zu einer Patientin während der laufenden Behandlung verstößt gegen das Abstinenzgebot.
2. Die dadurch entstandene gesundheitliche Schädigung begründet einen Schmerzensgeldanspruch (hier: 5.000 DM).
3. Ein Zahlungsanspruch des Therapeuten besteht nicht, da der Behandlungsvertrag wegen des standesrechtlichen Verstoßes sittenwidrig und damit nichtig ist.
Uneil des LG Hannover v. 13.3.1998 - 13 O 9/97 -

Aus dem Sachverhalt:
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung zweier Darlehen sowie Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung der dem Beklagten obliegenden therapeutischen Pflichten. Der Beklagte ist Heilpraktiker. Die Klägerin begab sich Anfang 1994 beim Beklagten in Behandlung.
Die Klägerin behauptet, daß der Beklagte schon einige Wochen nach Behandlungsbeginn eine Liebesbeziehung zu ihr aufgenommen habe.

 

PDF-Download

Urteil des LG Frankfurt/Main

Schmerzensgeld wegen schwerer körperlicher Mißhandlungen und Vergewaltigungen

LG Frankfurt am Main, Urteil v. 13.1.1998 - 2/26 O 654/96 -

Hinweis der Redaktion:
Der Beklagte war wegen des gleichen Sachverhalts bereits in einem vorausgegangenen Strafverfahren wegen mehrfacher Vergewaltigung, sexueller Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt worden.

PDF-Download

Beschluß des LG Stuttgart

Schmerzensgeld bei Vergewaltigung

Das Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten ist zurückzuweisen, da eine hinreichende Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung gemäß § 114 ZPO nichtgegeben ist.
Beschluß des LG Stuttgart vom 13.1.1999 -10 O 282/98

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin macht gegen den Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung von DM 25.000,00 wegen einer Vergewaltigung am 20.10.1996 geltend.
Der Beklagte wurde wegen der Tat von der 7. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart am 9.10.1997 - rechtskräftig - zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. In dem Strafverfahren war der Beklagte nach anfänglichem Bestreiten der Tat geständig. Nunmehr bestreitet er erneut, die Tat begangen zu haben. Im übrigen hält er das geltend gemachte Schmerzensgeld für überhöht.

PDF-Download

Urteil des LG Mainz

Keine Anhaltspunkte dafür, daß Angaben der kindlichen Zeugin unter suggestiven Bedingungen entstanden sind. Zur Problematik der Beweiswürdigung unter besonderer Berücksichtigung des Forschungsstandes zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit kindl. Opfer

Urteil des LG Mainz v. 21.7.1997 - 302 Js 25354/94 - 5 KLs
"Die an anerkannten strafprozessualen Grundsätzen ausgerichtete eigene richterliche Überzeugungsbildung kann nie durch ein Sachverständigengutachten ersetzt werden. Die Beurteilung auch von kindlichen Zeugenaussagen gehört zum Kernbereich richterlicher Tätigkeit. "
(Zugleich eine Darstellung des neuesten Forschungsstandes zur Glaubwürdigkeit kindlicher Opferzeugen.)

Zum Sachverhalt:
Der Angeklagte, von Beruf Psychologe und auch in Kinderheimen tätig, wurde wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in sechs Fällen, begangen an seiner fünfjährigen Tochter, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Das Mädchen wurde im Ermittlungsverfahren polizeilich und ermittlungsrichterlich vernommen und verweigerte in der Hauptverhandlung die Aussage. Ein Glaubwürdigkeitsgutachten wurde nicht eingeholt. Das Ergebnis der Beweisaufnahme gründete im wesentlichen auf der Aussage einer Zeugin vom Hörensagen sowie der Aussage des vernehmenden Ermittlungsrichters.

 

Preis: 3.00 EUR

Christa Tobler

Bericht über die International Conference on Comparative Non-Discrimination Law

Vom 22. bis 24. Juni 1998 fand an der Universität Utrecht (Niederlande) die "International Conference on Comparative Non-Discrimination Law" statt, gemeinsam organisiert von der School of Human Rights Research, der Abteilung "Womens Legal Studies" der Universität Utrecht und der niederländischen Gleichbehandlungskommission. Angesichts der Komplexität von rechtlichen Konzepten wie Gleichheit und Diskriminierungsverbot sollte das Ziel der Konferenz sein, "to bring together and develop worldwide expertise on this subject, from both the academic world and legal practice", in der Hoffnung, "to enrich our thinking on the way law can help eradicate discrimination on whatever ground, and strive to live up to ist grand promise of equal citizenship for all". Dementsprechend war das Themenangebot inhaltlich wie geographisch breit gefächert.

 

PDF-Download

Richtlinie 97/80/EG des Rates der EU

Über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

PDF-Download

Beschluß des BAG

Einstellung von Rote-Kreuz-Pflegekräften mitbestimmungspflichtig

Setzt der Arbeitgeber in dem von ihm betriebenen Krankenhaus Rote-Kreuz-Pflegekräfte ein, die von einer DRK-Schwesternschaft aufgrund eines mit dem Arbeitgeber geschlossenen Gestellungsvertrages entsandt werden, so liegt hierin eine gem. § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtige Einstellung, wenn die Pflegekräfte in den Betrieb eingegliedert sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber aufgrund des Gestellungsvertrages auch ihnen gegenüber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Weisungsbefugnisse hinsichtlich des Arbeitseinsatzes hat. Unerheblich ist, ob die Rote-Kreuz-Pflegekräfte deshalb nicht als Arbeitnehmer gelten, weil sie ihre Beschäftigung auf vereinsrechtlicher Grundlage erbringen.
                                                                                                 (amt!. Leitsatz)
Beschluß des BAG v. 22.4.1997 - 1 ABR 74/96-

 

PDF-Download

Beschluß des Hessischen Landesarbeitsgerichts

Erstattung von Kinderbetreuungskosten einer Betriebsrätin durch den Arbeitgeber

Die Kosten, die einer Betriebsrätin für die Betreuung minderjähriger Kinder entstehen, weil sie an Sitzungen des Betriebsrates bzw. Gesamtbetriebsrates teilnimmt, sind notwendige persönliche Aufwendungen und somit vom Arbeitgeber gem. § 51 I i. v.m. § 40 I BetrVG zu erstatten.
Beschluß des Hess. LAG vom 22.7.1997 - 4/12 TaBV 146/96 -rk

Aus den Gründen:
Die Beteiligten streiten auch zweitinstanzlich um die Erstattung der von der Antragstellerin (Beteiligte zu 1.) geltend gemachten Kosten von insgesamt DM 150,00 für die Betreuung ihrer drei minderjährigen Kinder an drei Nachmittagen, an denen die Antragstellerin als Mitglied des Gesamtbetriebsrates an Sitzungen des Gesamtbetriebsrates in Frankfurt teilgenommen hat. Die Antragstellerin ist beim Arbeitgeber (Beteiligter zu 2.) halbtags beschäftigt - an fünf Tagen in der Woche jeweils von 8.30 bis 12.30 Uhr, die Antragstellerin wohnt in Stuttgart; ihr Ehemann steht in einem Vollzeitarbeitsverhältnis und sein Arbeitsplatz ist außerhalb Stuttgarts.

 

Preis: 1.50 EUR

Yvonne Lenzlinger

Tagungsbericht: Wohin des Wegs, Helvetia? Feministische Juristinnen der Schweiz im Blickkontakt mit Europa und der Welt

Zur siebten Tagung der Feministischen Juristinnen der Schweiz fanden sich Ende Juni 1998 rund 150 Teilnehmerinnen in Zürich ein. Der Tradition entsprechend war die Tagung unter dem Titel "Heil Dich Helvetia" mit acht Hauptreferaten und acht Workshops von der lokalen Gruppe vorbereitet worden. Kein nationaler Dachverband hält die Schweizer Juristinnen mit feministischem Selbstverständnis zusammen. Kein "e.V." hinter dem Namen gibt den Gruppen in Basel, Bern, Zürich oder Sankt Gallen ein juristisches Korsett, und trotzdem bringen sie es fertig, seit 1987 etwa alle zwei Jahre einen Kongress auf die Beine zu stellen. Eine Ausweitung auf die französisch- oder italienischsprachige Schweiz ist den Feministischen Juristinnen allerdings bisher nicht gelungen, obwohl auch dort Fachfrauen deren Arbeit mitverfolgen. Daß die Tagungen aber nicht bloße Nabelschauen bleiben, dafür sorgen Referentinnen aus aller Welt. Dieses Jahr stammten die Gäste allesamt aus dem deutschen Sprachraum: Die Philosophin Cornelia Klinger unterrichtet unter anderem an den Universitäten von Tubingen und Wien, die Lehrstühle der Rechtswissenschaftlerin Susanne Baer und der Politologin Susanne Mahnkopf stehen in Berlin, und Heidi Witzig ist als freischaffende Historikerin hauptsächlich in Zürich tätig.

 

PDF-Download

Gisela Leppers Buchbesprechung:

Friesa Fastie: Ich weiß Bescheid. Sexuelle Gewalt: Rechtsratgeber für Mädchen und Frauen

(Hg.: Wildwasser Berlin e.V., AG gegen sexuellen Mißbrauch an Mädchen)
Verlag Donna Vita, 1997

Ziel dieses Ratgebers ist es, Mädchen und Frauen zwischen 14 und 21 Jahren, die sexuell mißbraucht oder vergewaltigt worden sind, Wissen über den Ablauf und die Hintergründe eines Strafverfahrens zu vermitteln und ihnen dadurch zu mehr Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz zu verhelfen.
Der Ratgeber gliedert sich in vier Teile:
1. Teil: Das Ermittlungsverfahren
2. Teil: Übergang zum Zwischenverfahren
3. Teil: Das Hauptverfahren
4. Teil: Rechtliches Wörterbuch von A-Z.

 

PDF-Download

Zur Gründung eines Europäischen Juristinnenbundes

Bei der "1999 Woman Lawyer Conference", die am 15. Mai 1999 in London stattfindet, werden Cherie Booth, QC (British Women Lawyers) und Prof Dr. Ursula Nelles (1. Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes) zur Gründung eines europäischen Juristinnenbundes aufrufen und erste Vorstellungen zu Zielen, Ausgestaltung und Satzung einer solchen Vereinigung zur Diskussion stellen.

 

PDF-Download