Ausgabe 1

Inhaltsverzeichnis 1/2005

PDF-Download

Ulrike Diedrich

Öffentliches Sprechen über sexuellen Missbrauch in der frühen DDR

Einblicke in eine juristische Fachzeitschrift

Wie ist sexueller Missbrauch dort thematisiert worden, wo Sprechen über sexuelle Gewalt - mit dem Wissen um die restriktiven und gewaltfördernden Strukturen der DDR-Justiz - für eher unwahrscheinlich gehalten werden muss? Gemeint ist die Zeitschrift "Neue Justiz", von der wir Gründe haben anzunehmen, dass sie Stimmen der DDR-Opposition kaum Raum geboten hat. Nehmen wir dieses vom Ministerium für Justiz der DDRherausgegebene und von 1946 bis zum Jahr 1989 erschienene Periodikum als Spiegel des Rechts- und seines Kontrollsystems und untersuchen die Formen der Reaktionen auf die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen, lässt sich - vorab - folgendes Bild zeichnen:
Obwohl die strukturelle Verankerung der Tabuisierung sexueller Gewalt auch in der DDR dazu geführt hat, dass Fach- wie politische Öffentlichkeiten von der Kentnisnahme des hohen Ausmaßes sexueller Gewalt geschont wurden, ist doch der Rückschluss zu einfach, dass dieser Prozess mit dem Ende der DDR seinen Abschluss fand und der Beginn inovativer Praxen auf das Jahr 1998/1990 zu datieren ist.

Preis: 3.00 EUR

Nancy Gage-Lindner

Gewalt gegen Frauen in Frankreich- Besprechung der Studie Les violences envers les femmes en France, une enquete nationale

Die erste national angelegte, repräsentative Studie Frankreichs zu Gewalt gegen Frauen - im Folgenden Enveff - ist im Juni 2003 erschienen. Sie befasst sich mit dem Ausmaß, der Intensität und Häufigkeit der Gewalt gegen Frauen im öffentlichen und verborgenen, privaten Raum, ohne eine Rangordnung der Gewalt vorzunehmen. Sie vermeidet insbesondere die Tendenz der Rechtsordnung oder auch der Gesundheitsversorgung, die psychische Gewalt zu minimisieren. Enveff untersucht die Vielfalt an Formen von Mißhandlungen und die Zusammenhänge, in denen Gewalt gegen Frauen ausgeübt wird; deren Folgen; die Strategien, mit denen die Betroffenen ihr begegnen oder auch nicht. Schließlich misst sie die Fähigkeit der Betroffenen, die Gewalt als solche zu benennen oder auch zu erkennen.

Preis: 3.00 EUR

Malin Bode

Erziehungsgeld und Kindergeld für politische Flüchtlinge und Mütter mit humanitärem Aufenthaltshintergrund

§ 1 Abs. 6 BErzGG ist nicht verfassungskonform! –
zugleich eine Anmerkung zu BVerfG Urt. v. 6.7.2004 1 BvR 2515/95


Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, daß auch in der Vergangenheit (zur Gesetzeslage v.1993-2000) diejenigen, die über eine Aufenthaltsbefugnis verfügt haben, Anspruch auf Erziehungsgeld und auch Kindergeld haben.
Für abgeschlossene Verfahren empfiehlt es sich daher, Überprüfungsanträge zu stellen, ggfs. Aussetzung bis zum 1.1.06 zu beantragen, da nach Maßgabe der Entscheidung die Gesetzeslage für die Vergangenheit bis dahin neu geregelt worden sein sollte.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BVerfG

Erziehungsgeld auch bei Aufenthaltsbefugnis

1. Erziehungsgeld soll auch beanspruchen können, wer in der Vergangenheit - nur - im Besitz einer Auf enthaltsbefugnis (i.d.R. humanitärer Aufenthaltsstatus) war.
2. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG enthält keine Beschränkung auf Deutsche.
3. Es ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, AusländerInnen mit Aufenthaltsbefugnis generell von der Erziehungsgeldgewährung auszuschließen. § 1 Abs. 1a S. 1 BErzGG 1993 war insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Beschluss des BVerfG v. 6.7.2004 - I BvR 2515/95
(Zusatz: Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6.9.1995 -14 Reg I195 - =SozR 37833 § 1 BErzGG Nr. 16 für verfassungswidrig erklärt, aufgehoben und zurückverwiesen.)

Preis: 1.50 EUR

Beschluss des BVerfG

Kindergeld auch bei Aufenthaltsbefugnis

1. Vom Kindergeldbezug sollen nicht in der Vergangenheit in den Jahren 1994 und 1995 allein diejenigen ausgeschlossen werden, die - nur - im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis (i.d.R. humanitärer Aufenthaltsstatus) waren.
2. Es ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, AusländerInnen mit Aufenthaltsbefugnis generell von der Kindergeldgewährung auszuschließen. § 1 Abs. 3 S. 1 BKGG in der Fassung des 1. SKWPG war insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Beschluss des BVerfG v. 6.7.2004 - 1 BvL 4/97

Preis: 1.50 EUR

Urteil des EuGH

Erziehungsgeld für Angehörige von EU-Staaten (Martinez-Sala)

1. Eine Leistung wie das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz, die bei Erfüllung bestimmter objektiver Voraussetzungen ohne weiteres unter Ausschluß jedes Ermessens gewährt wird, ohne daß im Einzelfall die persönliche Bedürftigkeit des Empfängers festgestellt werden müßte, und die dem Ausgleich von Familienlasten dient, fällt als Familienleistung im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2.6.1983 geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EWG) Nr. 3427/89 des Rates vom 30.10.1989 geänderten Fassung sowie als soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts.
2. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob eine Person wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens in den persönlichen Anwendungsbereich des Artikels 48 EG-Vertrag und der Verordnung Nr. 1612/68 oder der Verordnung Nr. 1408/71 fällt.
3. Das Gemeinschaftsrecht verbietet einem Mitgliedstaat, die Gewährung von Erziehungsgeld an Angehörige anderer Mitgliedstaaten, denen der Aufenthalt in seinem Gebiet erlaubt ist, von der Vorlage einer von der inländischen Verwaltung ausgestellten förmlichen Aufenthaltserlaubnis abhängig zu machen, während Inländer lediglich einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat haben müssen.
Urteil des EuGH v. 12.5.1998, C-85/96, Maria Martinez Sala./. Freistaat Bayern

Preis: 1.50 EUR

Urteil des EuGH

Kindergeld für Türkin (Sürül)

1. Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19.9.1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige verbietet es einem Mitgliedstaat, den Anspruch eines türkischen Staatsangehörigen, für den dieser Beschluß gilt und dem er den Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet gestattet hat, der jedoch dort nur eine zu einem bestimmten Zweck erteilte, befristete Aufenthaltsbewilligung besitzt, auf Kindergeld für sein Kind, das in diesem Mitgliedstaat mit ihm zusammenwohnt, vom Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis abhängig zu machen, während Inländer insoweit nur ihren Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat haben müssen.
2. Die unmittelbare Wirkung des Artikels 3 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 3/80 kann nicht zur Begründung von Ansprüchen auf Leistungen für Zeiten vor Erlaß des vorliegenden Urteils geltend gemacht werden, soweit die Betroffenen nicht vor diesem Zeitpunkt gerichtlich Klage erhoben oder einen gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt haben.
Urteil des EuGH v. 4.5.1999, C-262/96, Selma Sürül ./. Bundesanstalt für Arbeit

Preis: 1.50 EUR

Beschluss des LG Essen

Befangener Richter

Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit im Schmerzensgeldverfahren
Beschluss des LG Essen vom 1.10.2003 - 17 O 522/02

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin macht Anspruch auf Schmerzensgeld für eine Vergewaltigung geltend, die sie erlitten hatte, als sie drogenabhängig war.
Im PKH-Prüfverfahren warf das Gericht u.a. die Frage auf, wie die Klägerin sicherstellen wolle, daß sie das erlangte Geld nicht zur Finanzierung ihrer Drogensucht verwenden werde. Daraufhin lehnte die Klägerin den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

PDF-Download

Beschluss des AG Flensburg

Ordnungsgeld wegen Zuwiderhandlung gegen Unterlassungsverpflichtung zu jeglicher Kontaktaufnahme

Beschluss AG Flensburg v. 14.2.2003, AZ: 67 C 406/02

Aus dem Sachverhalt:
Gegen den Schuldner wird wegen mehrfacher Zuwiderhandlung gegen die in der einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts Flensburg vom 27.11.2002 enthaltene Unterlassungsverpflichtung, nämlich es zu unterlassen, mit der Gläubigerin irgendwie Kontakt, sei es persönlich, telefonisch, schriftlich oder über Dritte, aufzunehmen, gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ein Ordnungsgeld von 250 Euro ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft verhängt. Der Streitwert wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

PDF-Download

Beschluss des AG Bremen

1. Zuständigkeitswahl; 2. Betretensverbot für Büro der Ehefrau

Beschluss des AG Bremen vom 03.02.2005 - 67 F 547/05

Aus dem Sachverhalt:
Die Eheleute haben sich im Oktober 2004 getrennt, der Ehemann war einige Zeit später ausgezogen in den Gerichtsbezirk A. Im Januar hatte der Ehemann die Ehefrau in der im Gerichtsbezirk B. gelegenen Ehewohnung aufgesucht, um persönliche Gegenstände abzuholen. Hierbei griff er die Ehefrau an, der jugendliche Sohn versuchte den Streit zu schlichten, die herbeigerufene Polizei wies den Ehemann weg.
Die Ehefrau betreibt im Bezirk des angerufenen Gerichts (Gerichtsbezirk C) ein Übersetzungsbüro, der Ehemann war zuweilen in ihrem Auftrag tätig, ohne in ihrem Betrieb angestellt zu sein. Er beharrte darauf, das Büro betreten zu wollen, um von dort aus weiter tätig sein zu können und drohte ihr, sie auch dort anzugreifen. Die Ehefrau hatte ihm die nötigen Gegenstände für seine Arbeit in seine Wohnung gebracht und ihn weiterhin mit Aufträgen versorgt.

PDF-Download

Beschluss des OLG Hamm

PKH und Anwaltsbeiordnung im Umgangsverfahren

In Umgangsverfahren hat jedenfalls dann, wenn das Umgangsrecht in seinem Bestand und nicht nur in seiner Ausgestaltung streitig ist, in aller Regel eine Anwaltsbeiordnung zu erfolgen.
OLG Hamm, Beschluss vom 1.6.2004, 2 WF 229/04

PDF-Download

Katharina Wöhlermann

Buchbesprechung: Karen Pfundt: Die Kunst, in Deutschland Kinder zu haben

320 S., 18,90 Euro - ISBN 3-87024-593-X, Berlin, Argon, 2004

Ein provokanter Titel eines Buches, der hält was er verspricht. Thematisch beweist die Autorin damit Gespür für ein hochaktuelles, in Deutschland gesellschaftspolitisch bis dato unzureichend gelöstes Thema: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Anders als in Schweden wird in Deuschland erst in den letzten beiden Jahren hier ernsthaft nach Abhilfe gesonnen.

PDF-Download

Sabine Schotz

Verdienstmedaille für Ulrike Stahlmann-Liebelt

Anerkennung für frauenpolitisches Engagement einer Juristin

Frau Ulrike Stahlmann-Liebelt, Oberstaatsanwältin aus Flensburg, ist vom Bundespräsidenten mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Justizministerin Anne Lütkes überreichte die Auszeichnung am 10. Februar 2005 im Rahmen einer Feierstunde im Landgericht Flensburg. Die Ministerin würdigte das langjährige außergewöhnliche Engagement der 51-jährigen Juristin, die seit 1992 ein Netzwerk zur Bekämpfung aller Formen sexueller Gewalt aufgebaut hat. Die Preisträgerin ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern.

PDF-Download