Vorbemerkungen
Im Herbst 2008 fand in Wiesbaden eine Fachtagung der Kriminologischen Zentralstelle e. V. (KrimZ) zum Thema Täterinnen – Befunde, Analysen, Perspektiven statt, die von der einen Autorin organisiert, von der anderen mit einer Gruppe Studierender besucht worden war. Aufgrund des dort Gehörten – u. a. der vermeintlichen Bevorzugung von Straftäterinnen gegenüber Straftätern bei der Sanktionierung – entstand der Entschluss, sich mit den kriminalitätsbezogenen Statistiken unter dem Aspekt der Geschlechtsstruktur zu befassen. Auf dem gemeinsam Erarbeiteten basieren die folgenden Ausführungen.
Das 2. Opferrechtsreformgesetz (2. ORRG) ist zum 01. Oktober 2009 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes soll sein, Verletzte und ZeugInnen „noch besser vor Belastungen in Strafverfahren zu schützen und ihre Rechte zu erweitern“, so das Bundesjustizministerium vollmundig in einer Presseerklärung vom 2.7.09).
Ist das gelungen? Zweifel sind angebracht. Entscheidende Verbesserungen wurden nicht erreicht, erhebliche Einschränkungen werden zu beklagen sein. Das 2. ORRG kann allenfalls als ein weiterer Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden. Das Gesetz beinhaltet eine Reihe von Änderungen der StPO und einigen Nebengesetzen, von denen die bedeutsamsten hier beleuchtet werden sollen.
„So wichtig wie die Konzeption Trauma für die Anerkennung des Leids vieler Gewaltbetroffener ist, so problematisch ist [...] die Einsortierung der Folgen in die Klassifikationsschemata für Krankheiten. So wichtig neue Ideen zur Bearbeitung der Gewalt sind, so problematisch ist die Tendenz zur Reduzierung auf eine anzuwendende Traumatherapie.“ (Arbeitsgruppe bkA, in: Prävention 04/2006, S. 7)
Vorwort
Die Frauennotrufe sind als Fachstellen zum Thema Sexualisierte Gewalt, insbesondere im Bereich ihrer Unterstützungsarbeit, mit Menschen konfrontiert, die von traumatisierenden Gewalterlebnissen betroffen waren oder sind. Dabei sehen die Mitarbeiterinnen der feministischen Einrichtungen die von sexualisierter Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen nicht nur als individuelle Einzelfälle, sondern im Kontext der gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse, die Gewalt hervorbringen und zulassen. Das zu benennen, in die Arbeit mit einzubeziehen und Einfluss zu nehmen auf die gesellschaftlichen Ursachen sexualisierter Gewalt ist unverzichtbarer Bestandteil der Notrufarbeit. Denn: sowohl die sexualisierte Gewalt selbst, als auch die Bedingungen der individuellen Verarbeitung von Gewalterfahrungen sind gesellschaftlichen Bedingungen unterworfen.
Replikation einer empirischen Studie nach 10 Jahren, oder: Die Männer werden nicht besser, aber die Frauen werden stärker – stimmt das noch so?
Zur Entstehung der Studie
Im Zuge der Beratungen und der intensiven Diskussionen um die Entstehung des österreichischen Gewaltschutzgesetzes von 1997, war der Ruf nach einem Verbot der Bearbeitung von Fällen ‚häuslicher Gewalt’ im Rahmen eines außergerichtlichen Tatausgleichs im Strafverfahren (ATA), also der österreichischen Version des Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA), laut geworden.
1. Lehnt der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung der Elternzeit gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 BErzGG nicht form- oder fristgerecht oder nicht aus dringenden betrieblichen Gründen ab, wird die Elternzeit aufgrund der Gestaltungserklärung des Arbeitnehmers beendet. Eine Zustimmung des Arbeitgebers zur vorzeitigen Beendigung ist nicht erforderlich. Eine den Anforderungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 BErzGG nicht entsprechende Ablehnung des Arbeitgebers ist unbeachtlich.
2. Der Arbeitnehmer kann die ursprünglich festgelegte, aber wegen der vorzeitigen Beendigung nicht verbrauchte Restelternzeit gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 1. Halbs. BErzGG (nunmehr § 15 Abs. 2 Satz 4 1. Halbs. BEEG) mit einem Anteil von bis zu zwölf Monaten mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit nach Vollendung des dritten bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes übertragen. Der Arbeitgeber hat seine Entscheidung über die Zustimmung zur Übertragung nach billigem Ermessen zu treffen, § 315 Abs. 3 BGB.
Urteil des BAG vom 21.4.2009, 9 AZR 391/08
1. Der Anspruch auf den erhöhten Auslandszuschlag folgt unmittelbar aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Feststellung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH besteht kein Zweifel, dass der Auslandszuschlag der Beamten ein Arbeitsentgelt im Sinne der Richtlinie ist.
2. Die Beschränkung auf verheiratete Beamte in § 55 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 BbesG stellt im Hinblick auf in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende Beamte eine unmittelbare Diskriminierung dar.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Berlin vom 7.5.2009, VG 7 A 95.07 – n.rk.
Preis: 3.00 EUR
Urteil des OLG Dresden mit Anmerkung von Susanne Pötz-Neuburger
1. Nach 32jähriger Hausfrauenehe wird der nacheheliche Unterhalt weder befristet noch begrenzt.
2. Die Rentenbezüge der geschiedenen Hausfrau, die sie durch den Versorgungsausgleich erworben hat, erhöhen den in der Ehe angelegten Bedarf und vermindern die Bedürftigkeit.
3. Eine neue Ehe des Verpflichteten führt zur Dreiteilung des Bedarfs gemäß BGHZ 177, 356, aber nicht vor dem 30.07.2008, dem Datum der genannten BGH Entscheidung.
Urteil des OLG Dresden vom 25.09.2009, 24 UF 717/08
Preis: 3.00 EUR
Beschluss des OLG Düsseldorf
Gegenstandswert im Vermittlungsverfahren
Der Gegenstandswert im Vermittlungsverfahren nach § 52 a FGG beträgt 1.000 Euro.
Beschluss d. OLG Düsseldorf v. 25.9.2008 – II-6 WF 179/08
Aus den Gründen:
Der Senat tritt zwar der Auffassung des Amtsgerichts bei, dass der Gegenstandswert in Vermittlungsverfahren nach § 52 a FGG gemäß § 23 Abs. 3 RVG und nicht analog § 30 Abs. 2 KostO zu bestimmen ist (ebenso Brandenburgisches OLG in FamRZ 2006/1859, a.A. OLG Nürnberg JurBüro 2006, 200). Nicht folgen kann der Senat dem Amtsgericht jedoch, soweit es den Gegenstandswert analog § 24 Satz 1 RVG mit 500 Euro bemisst, weil in Vermittlungsverfahren nicht nur eine vorläufige Regelung wie bei einer einstweiligen Anordnung erstrebt wird.
Andererseits wäre es aber unangemessen, selbst in – wie hier – einfach gelagerten Vermittlungsverfahren stets auf den Hilfswert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (4.000 Euro) zurückzugreifen. Vielmehr erscheint dann ein Gegenstandswert in Höhe von 1.000 Euro ausreichend (ebenso Brandenburgisches OLG a.a.O.).
1.) Für den Anspruch auf Beiordnung einer Rechtsanwältin reicht es aus, dass entweder die Sach- oder die Rechtslage schwierig ist. Dabei ist auf die Perspektive eines juristischen Laien ohne besondere Vorkenntnisse abzuheben.
2.) Gescheiterte Vermittlungsbemühungen, mögliche psychische Probleme des Kindes und weitere Auseinandersetzungen zwischen den Eltern sind Hinweise auf eine schwierige Sachlage.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss d. OLG Düsseldorf v. 10.2.2010, Az.: II-8 WF 204/09
In der Beratungshilfe stellen verschiedene Trennungsfolgen, die im Berechtigungsschein genannt werden, verschiedene Angelegenheiten dar.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des OLG Frankfurt vom 12.08.2009, Az.: 20 W 197/09
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 AufenthG. Ihr droht bei Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Bestrafung wegen Ehebruchs in Form von Auspeitschung, was eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellt.
Urteil des VG Düsseldorf vom 30. März 2009 – 5 K 1535/08.A
Preis: 3.00 EUR
Buchbesprechung von Anna Hochreuter
Uli Streib-Brzic (Hg.): Das lesbisch-schwule Babybuch. Ein Ratgeber zu Kinderwunsch und Elternschaft
Susanne Dern / Eva-Maria Müller-Krah: Ratgeberin Recht – Für Frauen, die sich trennen wollen, und für Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern und Beratungsstellen
Die lang erwartete Neuauflage der bewährten Ratgeberin, die sich in erster Linie an Professionelle richtet, die Frauen, insbesondere Frauen in Gewaltbeziehungen beraten, aber daneben auch direkt an Frauen, die sich trennen wollen, ist nun in einer vollständigen Neubearbeitung erschienen. Sortiert nach 30 Stichworten in alphabetischer Reihenfolge von Anwaltliche Hilfe und Armut über Jugendamt und Strafanzeige bis Wohngeld und Zugewinn werden alle in der Trennungssituation relevanten familienrechtlichen, arbeits- und sozialrechtlichen, strafrechtlichen und prozessrechtlichen Fragen verständlich und präzise – immer bezogen auf die in der Praxis sich stellenden Probleme – dargestellt. Schlagwörter und Symbole, die z.B. auf Informationen speziell für Migrantinnen oder auf Risiken hinweisen, erleichtern die Lesbarkeit und das Verständnis. Weitere Informationen können sich die Leserinnen mittels der Hinweise auf nützliche Angebote im Internet beschaffen.
Sibylla Flügge
Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.07.1999 (BGH St45, 164 ff) zu wissenschaftlichen Anforderungen an aussagepsychologische Gutachten wurden nicht nur wissenschaftliche Gütekriterien vorgegeben, die fortan von Gutachterinnen und Gutachtern zu erfüllen waren. Es wurde die „annähernd monomethodale Prozedur […] der aussagepsychologischen Diagnostik“ (Plaum, 2008) in der Strafjustiz etabliert. Zentrale Bedeutung konnte die Aussagepsychologie vor allem im Bereich der Sexualstraftaten und insbesondere beim sexuellen Missbrauch von Kindern erlangen, wo es kaum Sachbeweise gibt und Zeugenaussagen die entscheidenden Beweismittel sind.
Die Eherechtsreform 1977 kam durch einen Deal zustande: Die Ehemänner erkauften sich die Möglichkeit der Ehescheidung auch ohne Zustimmung und auch gegen den Widerspruch der Ehefrauen mit einer garantierten Unterhaltsverpflichtung, von der es nur wenige Ausnahmen gab. Im Laufe der Jahre danach gab es verschiedene Aufweichungen von dem Prinzip der Lebensstandardgarantie nach Scheidung einer – jedenfalls ehemals – lebenslang geplanten Ehe, die nun nach Wiederholung drängte. Die Prognosen einer Wiener Studie aus den 80er Jahren sagten für das 21. Jahrhundert voraus, dass jede Person in West-Europa mindestens zweimal verheiratet sein würde. Besonders in Politiker- und Publizistenkreisen (man könnte hier P. P. sagen – oder einfacher pp.) sind 3. und 4.-Ehen – oder gar mehr – inzwischen alles andere als selten. Leider ist in der aktuellen Statistik über die Zusammensetzung des Bundestags nicht erfasst, wie viele Abgeordnete geschieden sind, wie viele wiederverheiratet oder neu verpartnert und wer die Kinder, sofern vorhanden, betreut. Das wäre interessant zu erfahren. Wir wissen nur, dass zwei Drittel der 622 Abgeordneten männlich sind, durchschnittlich 49 Jahre alt, von den 622 wiederum 143 Jura studiert haben, i.ü. vorzugsweise Beamte sind, noch 30 Lehrer hinzukommen, während nur 5 aus Arbeiter oder Handwerkerberufen stammen.
Betrifft: Petition vom 02.03.2010 – Unterhaltsrecht – Transparente Regelung des Selbstbehalts der Unterhaltsverpflichteten
Sehr geehrte Mitglieder des Petitionsausschusses, die Petition von Josef Linsler fordert eine gesetzliche Regelung des Selbstbehalts der Barunterhaltspflichtigen nach sozialrechtlichen Grundsätzen und wendet sich gegen die Festsetzung der Selbstbehaltssätze durch die Düsseldorfer Tabelle bzw. die Oberlandesgerichte. Sie findet keine Beachtung in den juristischen Zeitschriften, jedenfalls habe ich dazu noch nichts gefunden. Aus diesem Grunde erlaube ich mir einige Anmerkungen:
1. Die Rüge intransparenter und nicht sachgerechter Festsetzung der Selbstbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle ist berechtigt.
2.Die Folgen treffen nicht nur die Petenten bzw. die Barunterhaltspflichtigen, denn der Mindestselbstbehalt ist in der Düsseldorfer Tabelle zugleich der Mindestbedarf für die Elternteile, bei denen das Kind lebt.
Preis: 3.00 EUR
Urteil des OLG Celle mit Anmerkung von Susanne Pötz-Neuburger
1. Neben der Betreuung von zwei – 11 Jahre und 14 Jahre – alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten.
2. Ein unabhängig von der Ehe durch Erbschaft erlangtes Vermögen und dessen Erträge sind jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn Erwerbsnachteile durch die Ehe auszugleichen sind.
3. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfasst der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (Anschluss OLG Bremen FamRZ 2008, 1957).
Urteil des OLG Celle vom 06.08.2009, 17 UF 210/08
Der Versorgungsausgleich ist auszuschließen, weil die Ausgleichspflichtige wegen der Versorgung des gemeinsamen Kindes, anders als der Ausgleichsberechtigte, der keinen Unterhalt zahlt, auf lange Sicht keine Vollzeitstelle annehmen kann.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des AG FamG Essen vom 25.5.2010, 103 F 111/09
Eine einstweilige Anordnung ist wegen der glaubhaft gemachten Misshandlungen und anstehender sorgerechtlicher Entscheidungen ohne Anhörung des Antragsgegners erforderlich, da nicht klar ist, wie lange er im Krankenhaus sein wird und wie schwer er erkrankt ist.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des AGFamG Essen vom 26.3.2010 – 104F75/10
1.) Zur Begründung einer Ungleichbehandlung hinsichtlich der gesetzlich geregelten Rückkehroption in den öffentlichen Dienst reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt.
2.) Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt. Von daher darf die Durchsetzung der Gleichberechtigung nicht durch Regelungen gehindert werden, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des BVerfG vom 14.04.2010, 1 BvL 8/08 (Vorlagebeschluss des LAG Hamburg vom 13.08.2008, 5 Sa 12/08). Die Entscheidung hat Gesetzeskraft.
1) Für die Prüfung, ob eine Ungleichbehandlung nach § 3 Abs. 1 AGG vorliegt, kommt es für die Frage der objektiven Eignung von Bewerberinnen oder Bewerbern lediglich auf die Anforderungen an, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden.
2) Die Bestimmung beruflicher Tätigkeitsbereiche und daraus abzuleitender beruflicher Anforderungen ist Teil der Unternehmerfreiheit. Allerdings muss der unternehmerische Zweck rechtmäßig und bezogen auf den Nachteil für die Bewerberinnen bzw. Bewerber verhältnismäßig sein.
3) Eine dem Unternehmenskonzept zugrunde liegende Erwartung Dritter darf nicht ihrerseits diskriminierend sein. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn das Schamgefühl betroffen oder ein besonderes, an das Geschlecht gebundenes Vertrauensverhältnis bzw. die nötige Authentizität gefordert ist, wie dies zum Beispiel bei der Zusammenarbeit mit „Frauenrelevanten Organisationen“ der Fall ist, deren Arbeit sich auf negative Erfahrungen von Frauen und Mädchen mit Männern gründet.
4) Für die hier vorgegebenen beruflichen Anforderungen an das Amt der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist das weibliche Geschlecht zulässiger Weise eine zwingende Voraussetzung.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des BAG vom 18.03.2010, 8 AZR 77/09
Eine Stellenausschreibung mit dem Hinweis, es besteht ein besonderes Interesse an Bewerbungen von Frauen, stellt keine Benachteiligung des abgelehnten Bewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG dar, sondern eine geeignete Maßnahme zum Ausgleich bestehender Nachteile i.S.v. § 5 AGG, wenn Frauen in der entsprechenden Hierarchie- und Vergütungsebene gegenüber Männern unterrepräsentiert sind.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des LAG Düsseldorf v. 12.11.2008, 12 Sa 1102/08 (rk., die beim BAG anhängige Revision, 8 AZR 4/09, wurde zurückgenommen)
1. Eine Frauenorganisation darf eine Stelle ausschließlich für Frauen ausschreiben, wenn das weibliche Geschlecht eine wesentliche und entscheidende Anforderung darstellt, ein zulässiges Ziel zu verfolgen.
2. Medica mondiale e.V. muss von ihrer Konzeption nicht abweichen, um die Einstellung eines Mannes zu ermöglichen.
3. Die beantragte Unterlassensanordnung ist unzulässig.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.01.2010, Az.: 8 Ca 9872/09
1. Wegen des Vorliegens des Vollbilds einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist im Falle einer Abschiebung mit einer akuten Verschlechterung der Situation, insbesondere mit einer zeitnahen suizidalen Dekompensation zu rechnen.
2. Eine Rückkehr in die Russische Föderation hätte für die Klägerin eine Reaktualisierung der traumatischen Erfahrung und eine damit verbundene deutliche Verschlimmerung traumaspezifischer Symptome zur Folge; zudem wäre durch den Wegfall des zurzeit einzigen Halt gebenden und sinnstiftenden Faktors (Kinder im Kindergarten) eine Zuspitzung der latenten Suizidalität wahrscheinlich.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Oldenburg vom 17.03.2009 – 1 A 1823/07
Preis: 3.00 EUR
Alexandra Goy
Marie Munk – Rede zur Enthüllung einer Gedenktafel in Berlin
„Ich fühle, je mehr ich studiere und das Recht praktiziere,
dass ich eine Leidenschaft für Freiheit habe .“
Einführung
Die derzeitige Regelung des Sorgerechts für nicht miteinander verheiratete Eltern verstößt sowohl gegen die Menschenrechtskonvention als auch gegen das Grundgesetz.
Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Urteil vom 3.12.2009) als auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21.7.2010) haben festgestellt, dass ein nur von der fehlenden Zustimmung der Mutter abhängiger genereller Ausschluss des Vaters von der elterlichen Sorge weder mit der Konvention noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung fehlt. Allerdings ist die derzeitige Regelung wegen der klaren Zuordnung der rechtlichen Verantwortung für das Kind an die Mutter gerade nicht durch die Gerichte abgelehnt worden, sondern im Hinblick auf die notwendige Handlungsfähigkeit der Mutter klar als verfassungskonform gewertet worden.
Die Diskussion um eine Ergänzung von Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG
Die Abgeordneten Beck u.a. und die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN, die Fraktion der SPD und die Abgeordneten Höll u.a. mit der Fraktion DIE LINKE haben in den Deutschen Bundestag den Antrag eingebracht, ein Grundrecht auf Gleichheit hinsichtlich der sexuellen Identität in das deutsche Grundgesetz einzufügen. Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 soll um drei Worte ergänzt werden: „seiner sexuellen Identität“. Damit würde das Grundgesetz eine Entwicklung nachholen, die landesverfassungsrechtlich in Berlin, Brandenburg und Bremen sowie Thüringen bereits eingesetzt hat: Deren Verfassungen schützen ausdrücklich vor Benachteiligungen hinsichtlich der sexuellen Identität, Thüringen hinsichtlich der sexuellen Orientierung.
Sicherung von Mindeststandards für Arbeitsbedingungen von Frauen durch das Recht der Internationalen Arbeitsorganisation?
Historisch betrachtet, orientierte sich die Diskussion um Arbeitsrechte, die zum Entstehen internationaler Mindeststandards führte, an dem Modell männlicher regulärer Vollzeittätigkeit und weniger an den Bedingungen von Frauen, die zu großen Teilen informell, nur zeitweise oder in Heimarbeit tätig sind. Hinzu kommt, dass Frauen zur Zeit der Entstehung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 1919 (noch) weniger als heute in Regierungen, den Gremien von Gewerkschaften und Internationalen Organisationen oder in Unternehmensspitzen vertreten waren – und sich daher nur eingeschränkt an der Debatte um Arbeitsrechte beteiligten.
1) Erhalten Beschäftigte über den tariflichen Grundlohn hinaus leistungsabhängige Vergütungsbestandteile, so hat der Personalrat ohne Darlegung eines besonderen Anlasses das Recht auf Einsicht in die nicht anonymisierten Lohnlisten.
2) Die Überprüfung, ob bei der Bemessung der Vergütung jede sachwidrige Diskriminierung unterbleibt, ist besonders wichtig, wenn der Tarifvertrag den künstlerisch Verantwortlichen bei der Bemessung der Vergütungen (hier für Solomitglieder und künstlerisch tätige Bühnentechniker) großen Spielraum lässt.
3) Die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist nicht berührt. Die Einsichtnahme zum Zweck des Diskriminierungsschutzes dient gerade dazu, die Festlegung der Vergütungen aus kunstfremden Motiven zu verhindern.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des BVerwG vom 16.02.2010, 6 P 5/09
Eine monatliche Vergütung von 750 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden ist für eine Altenpflegerin, ebenso wie für eine Altenpflegehelferin gemäß § 138 BGB sittenwidrig.
Die verkehrsübliche Vergütung gemäß § 612 Abs. 2 BGB für eine Altenpflegerin in Bayern ist die dort tariflich übliche monatliche Vergütung, die für das Jahr 2009 bei etwa 2. 100 Euro liegt.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des LAG München vom 03.12.2009, 4 Sa 602/09
1. Tritt eine ägyptische Staatsangehörige vom Islam zum koptischen Glauben über, droht ihr in Ägypten regelmäßig neben weiteren Diskriminierungen und Gefahren eine durch die Konversion rechtlich ermöglichte Sorgerechtsübertragung für die gemeinsamen Kinder auf den Kindsvater.
2. Durch den drohenden Sorgerechtsentzug wird die Klägerin einer unzumutbaren Prüfung ihrer Glaubensfestigkeit ausgesetzt. Ein solcher Eingriff in die Religionsfreiheit ist dem Staat zuzurechnen und als politische Verfolgung zu betrachten.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Minden vom 26.05.2009 – 10 K 1256/07.A
Preis: 3.00 EUR
Beschluss des OLG Koblenz mit Anmerkung von Jutta Bahr-Jendges
1. Ein Betreuungs-Wechselmodell setzt die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Gegen den Willen eines Elternteils kann ein Betreuungs-Wechselmodell nicht familiengerichtlich angeordnet werden.
2. Ein Betreuungs-Wechselmodell ist mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn das Kind durch den ständigen Wechsel belastet wird und keine Stabilität erfahren kann.
Beschluss des OLG Koblenz vom 12.01.2010, 11 UF 251/09
1. Ein mindestens bis zum Eintritt des Rentenalters unbefristeter Anspruch auf Trennungsunterhalt ergibt sich aus der Tatsache, dass die Unterhaltsberechtigte ohne die ehebedingten Ortswechsel einen beruflichen Aufstieg zur Filialleiterin vollzogen hätte und auch heute noch als Filialleiterin tätig wäre. Dieser Aufstieg zur Filialleiterin ist bei einer, bei Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis 48 Jährigen nicht mehr zu erwarten.
2. Bei der Frage der Befristung ist auch die Ehedauer von 12,5 Jahren sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch ihr Einverständnis mit den durch den Beruf des Klägers bedingten Ortswechseln dessen berufliches Fortkommen unterstützt hat.
Urt. OLG Hamm v. 18.12.2009, 5 UF 118/09, II-5 UF 118/09
Zur Verwirklichung des aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsatzes der Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten ist für die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (weiterhin auch) auf subjektive Kriterien abzustellen.
Beschluss des OLG Celle vom 11.11.2009, 17 WF 131/09
Das Prinzip der Waffengleichheit führt im Anwendungsbereich des § 78 Abs. 2 FamFG zwar nicht zwingend zur Beiordnung eines Rechtsanwaltes; es ist für die Frage der „Erforderlichkeit“ der Anwaltsbeiordnung aber weiterhin als gewichtiges Abwägungskriterium zu berücksichtigen.
Beschluss des OLG Celle vom 13.01.2010, 17 WF 149/09
1. Der staatliche Schutzauftrag bei Gefahren für Leib und Leben, der die Wohnungsverweisung rechtfertigt, besteht unabhängig davon, ob die von häuslicher Gewalt Betroffene bereit ist, sich der Gefahrensituation auszusetzen.
2. Auch Übergriffe außerhalb des häuslichen Bereichs sind für eine Gefahrenprognose zu berücksichtigen.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des VG Aachen vom 18.05.2010, 6 L 190/10
1. Gegen den Antragsgegner wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten festgesetzt.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 5.000 Euro.
Beschluss des AG-FamG Leipzig vom 28.5.2010, 335 F 02833/09
Ob das Bild eines Kindes im Internet verbreitet werden darf, ist eine sorgerechtliche Entscheidung.
Der nicht sorgeberechtigte Vater darf das Bild seines Kindes jedenfalls dann nicht auf eine Internetseite stellen oder stellen lassen, wenn diese anderen Personen als nur den nächsten Freunden und Verwandten zugänglich ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des AG Menden vom 3.02.2010, 4 C 526/09
Preis: 3.00 EUR
Caroline Voithofer
Buchbesprechung: Diemut Majer: Frauen – Revolution – Recht.
Die großen Europäischen Revolutionen in Frankreich, Deutschland und Österreich 1789 bis 1918 und die Rechtsstellung der Frauen. Unter Einbezug von England, Russland, der USA und der Schweiz
Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen, 2008, 479 Seiten, 59 Euro
Die Inhaltsgruppe hat sich getroffen und die eingegangen Themenvorschläge ausgewertet.
Dies hat zu folgenden – vorläufigen – Planungen geführt: Im Bereich des Familienrechts soll es – aktuell - um das gemeinsame Sorgerecht sowie die Gesetzentwürfe zum Sorgerecht nicht-ehelicher Väter gehen. Darüber hinaus werden Fragen des Unterhaltsrechts und die Gestaltung von Eheverträgen aufgegriffen. Ein arbeitsrechtlicher Schwerpunkt wird sich mit dem Thema Arbeitsmarkt, Wirtschaftskrise und ihren Auswirkungen auf Frauen befassen. Zusätzlich werden aktuelle Diskussionen (Mindestlohn, Arbeitszeit u. ä.) aufgegriffen. Einige Angebote richten sich speziell an Nebenklagevertreterinnen (Glaubhaftigkeitsgutachten, Fragen der Kooperation mit der psychosoziale Prozessbegleitung und Opferentschädigung). Daneben sollen aber auch ‘Täterinnen’ Thema sein. Eine weitere AG wird sich mit aktuellen aufenthaltsrechtlichen Themen befassen. Schließlich ist ein Forum zur Inneren Sicherheit geplant, das Themen wie Terrorismus, häusliche Gewalt und Diskriminierung einschließt.
Was ist heute Gegenstand feministischer Rechtstheorie? Befasst sie sich mit Rechtspolitik, Rechtsprechung, Rechtsphilosophie, Rechtskultur, Rechtsgeschichte, Rechtssoziologie? Welche Themen sind zentral, welche spielen keine Rolle (mehr)? Oder ist feministische Rechtstheorie ohnehin von gestern, weil es heute um Diversity Studies, um Antirassismus, um postkoloniale Theorie und queer theory oder grundsätzlich um kritische Rechtstheorie geht?
Auf den FJT’s ist immer wieder über feministische Rechtstheorie diskutiert worden – 2011 wollen wir bilanzieren, wo diese Debatten heute stehen. Wir – Susanne Baer, Sarah Elsuni, Susette Jörk – laden dazu ein, sich daran aktiv zu beteiligen, und werden die Beiträge für Kurzvorträge auf dem FJT 2011 vorher (natürlich anonymisiert) auswählen.
Worum geht es also?
In der Vergangenheit wurden feministische Ansätze in den Rechtswissenschaft als radikal oder liberal oder differenzorientiert, zwischen Differenz und Gleichheit oder auch mit thematischen Schwerpunkten auf Sexualität oder Mutterschaft oder Arbeit besprochen, oft angelehnt an deutsche soziologische oder US-amerikanische, dann an post-koloniale oder queere Diskurse. Teils standen diese dem Recht ablehnend, teils pragmatisch-instrumentell gegenüber.
Nicht selten wird und wurde der Vorwurf erhoben, feministische Rechtstheorie sei letztlich ein Widerspruch in sich, da es zu weit entfernt sei von „der“ Praxis. Welche Praxis braucht also und auf welche Praxen bezieht sich feministische Rechtstheorie? Wo will da wer intervenieren oder auch nur begleitend kommentieren? Und vor allem: Welche sind „die“ Fragen, die sich eben heute stellen bzw. die gestellt werden müssen?
Wer sich beteiligen möchte, sende bis zum 31.12.2010 eine Mail
an sekretariat.baer@rewi.hu-berlin.de;
in der Mail selbst: Name, Kontaktdaten, Schwerpunkte der eigenen Arbeit und Titel des Beitrags;
im Anhang: Titel des Beitrags (wie in der Mail, aber OHNE Namen!) und 1-2 Seiten inhaltliche Erläuterung.
Einleitung
Am 21.7.20102 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG dadurch verletzt ist, dass er nach geltendem Recht ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und dass er gerichtlich nicht überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm sogar anstelle derMutter die Alleinsorge für sein Kind zu übertragen.
Preis: 3.00 EUR
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV)
I. Vorbemerkung
Der vom VAMV im Folgenden vorgelegte Formulierungsvorschlag stellt eine rechtssichere und einfach verständliche Lösung dar: Bei nicht miteinander verheirateten Eltern liegt das Sorgerecht solange bei der Mutter, bis die Eltern eine übereinstimmende Sorgeerklärung
abgeben oder das Familiengericht auf Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge auf beide Elternteile gemeinsam überträgt.
Preis: 3.00 EUR
Beschlüsse des OLG Köln sowie des OLG Bremen mit Anmerkung von Jutta Bahr-Jendges
1) Die Auswanderungsabsicht des betreuenden Elternteils steht nicht zur Disposition der familiengerichtlich zu treffenden Entscheidung, sondern im Rahmen der Gesamtabwägung ist zu beurteilen, ob die Auswanderung mit der betreuenden Mutter oder der Verbleib im Inland beim nicht betreuenden Vater die für das Kindeswohl bessere Lösung ist.
Beschluss des OLG Köln vom 27.07.2010, 14 UF 80/10
2) Bei Umzug ins Ausland kommt es grundsätzlich nicht auf die Motive des Elternteils für den Umzugsentschluss an, sondern es ist allein abzuwägen, ob der Umzug des Kindes ins Ausland einerseits oder der Verbleib des Kindes beim anderen Elternteil im Inland andererseits für das Kind die bessere Lösung ist.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des OLG Bremen vom 25.11.2010, 4 UF 128/10
Nach § 1666 Abs.2 BGB ist in der Regel anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Mitinhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind verletzt.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des OLG Karlsruhe vom 06.11.2009, 2 UF 60/09
Preis: 3.00 EUR
Beschluss des BGH
Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung im Umgangsverfahren
BGH, Beschluss vom 23.06.2010 – XII ZB 232/09 - OLG Düsseldorf
- AG Oberhausen
1. Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind, die schon deswegen
regelmäßig einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht selbst erzielen kann.
2. Ob bei fehlenden ehebedingten Nachteilen eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§ 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht kommt, ist gemäß § 1578b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt. Dabei ist auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17.02.2010, XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629).
3. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 11.08.2010, XII ZR 102/09, FamRZ 2010,
1637-1642).
Urteil des BGH v. 6.10.2010 – XII ZR 202/08, Randnr. 29-36
Liegen ehebedingte Nachteile vor, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte bis zum Eintritt in das Rentenalter nicht ausgleichen kann, ist eine Befristung des auf den angemessenen Bedarf herabgesetzten Unterhalts nicht vorzunehmen.
Solche ehebedingten Nachteile können darin liegen, dass eine gesicherte, beamtengleiche Stellung zugunsten der Haushaltsführung und Kindererziehung aufgegeben wurde, die eine höhere Vergütung gewährleistete, als sie in vergleichbarer Stellung in der Privatwirtschaft erzielbar ist.
Urteil des OLG Frankfurt vom 04.11.2009, 2 UF 43/09.
Ehebedingte Nachteile bei der Einkommenshöhe können auch mithilfe des Versicherungsverlaufs nachgewiesen werden.
Urteil des OLG Saarbrücken vom 12.5.2010, 6 UF 132/09
1. Rechtliche Grundlagen
Die Einführung eines Betreuungsgeldes findet ihre – bisher einzige – normative Grundlage in § 16 Abs. 4 SGB VIII. Die Vorschrift lautet:
„Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden.“
§ 16 Abs. 4 SGB VIII ordnet noch nicht verbindlich ein Betreuungsgeld an, wie schon der Wortlaut der Norm zeigt. Zwar impliziert die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift eine gewisse Absichtserklärung, doch mehr als eine normativ unverbindliche Ankündigung stellt dies nicht dar. […]
1. § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW, wonach bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt zu befördern sind, sofern sich weniger Frauen im Beförderungsamt befinden und keine in der Person des männlichen Mitbewerbers liegenden Gründe überwiegen (sog. Öffnungsklausel), ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
2. Die §§ 9, 8 Abs. 1 Nr. 3 und 3 des auf Art. 74 Abs.1 Nr. 27 GG beruhenden Beamtenstatusgesetzes entfalten insoweit keine Sperrwirkung.
Beschluss des VG Düsseldorf vom 12.04.2010, 2 L 164/10
1. Bei der Klage auf Feststellung, dass die Dienststelle Rechte der Gleichstellungsbeauftragten verletzt hat (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BGleiG), handelt es sich um einen gesetzlich besonders ausgeformten Organstreit, dessen Gegenstand ein konkreter Rechtsverstoß durch ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen der Dienststellenleitung ist.
2. Wird ein Entscheidungsprozess in personellen, organisatorischen oder sozialen Angelegenheiten durch eine Dienstbesprechung wesentlich gesteuert, ist der Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 BGleiG regelmäßig die Teilnahme zu ermöglichen.
Urteil des BVerwG vom 08.04.2010 – 6 C 3/09
1. Eine gutachterlich attestierte ausgeprägte PTBS führt zur Feststellung, dass die Klägerin die Klagefrist ohne Verschulden versäumt hat.
2. Die Klägerin hat auf Grund ihrer Teilnahme und Aktivitäten (Flugblattverteilung) anlässlich der Demonstration der oppositionellen UDPS in Kinshasa sowie auf Grund der glaubhaft gemachten Misshandlungen und Vergewaltigungen während bzw. nach ihrer Inhaftierung politische Verfolgung i.S. des § 60 Abs. 1 AufenthG erlitten und wäre bei ihrer Rückkehr weiteren Verfolgungen dieser Art ausgesetzt.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Würzburg vom 18.03.2009 – W 3 K 06.30121
Eine erfolgreiche Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen ist nur in einer sicheren Umgebung und bei Schutz vor weiterer traumatischer Einwirkung erfolgversprechend.
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann aufgrund der persönlichen Situation und der Geschichte der Klägerin wegen der Gefahr einer lebensbedrohlichen
Verschlechterung nicht in der Türkei behandelt werden.
Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass ein Behandlungserfolg wegen der eintretenden Retraumatisierung in der Türkei nicht zu erzielen ist. Damit ergibt sich das Abschiebungsverbot aus dem (zielstaatsbezogenen) Umstand, dass eine Erfolg versprechende Fortführung der Therapie in der Türkei ausgeschlossen erscheint.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG München vom 14.05.2009 – M 24 K 08.50377
Die konkrete Gefahr der Retraumatisierung bei PTBS begründet ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Eine Behandlung kann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Türkei nicht erfolgreich durchgeführt werden.
Unabhängig davon hätte eine in der Türkei durchgeführte Psychotherapie wenig Aussicht auf Erfolg, weil das Trauma (mehrfache Vergewaltigung durch türkische Sicherheitskräfte) eng mit dem Heimatland der Klägerin verbunden ist.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des VG Hannover vom 28.01.2010 – 1 A 933/09
Preis: 3.00 EUR
Sabine Scholz
Buchbesprechung: Kirsten Scheiwe/Maria Wersig (Hg.): Einer zahlt und eine betreut? Kindesunterhalt im Wandel
1) Susanne Baer, seit vielen Jahren Mitherausgeberin der STREIT, wurdeam 11.11.2010 zur Richterin am Bundesverfassungsgericht gewählt. Der von Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Vorschlag fand die erforderliche 2/3-Mehrheit im Richterwahlausschuss des Bundestags – zweifellos verdient und zugleich überraschend, machte doch Susanne Baer nie Abstriche an ihren feministischen Positionen. ...
2) Theresia Degener, langjährige Streiterin für Frauenrechte, wurde am 1. September 2010 in New York in den Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewählt. Dazu gratulieren wir sehr herzlich und wünschen ihr, dass sie
sich in diesem Rahmen so erfolgreich wie bisher schon für die Rechte der Frauen mit Behinderungen einsetzen kann! ...