Das Problem mit Vergewaltigungsprozessen – Ansichten von Zeuginnen, AnklägerInnen und RicherInnen über die Strafverfolgung sexualisierter Gewalt während des Krieges im früheren Jugoslawien
Einleitung
Sexualisierte Kriegsgewalt steht seit 17 Jahren im Mittelpunkt der Arbeit von medica mondiale. Dabei hat sich medica mondiale von Beginn an für ein Ende der Straffreiheit von Kriegsvergewaltigungen eingesetzt, ebenso wie gegen deren Verharmlosung als unvermeidliche Nebenprodukte des Krieges. Nach nunmehr 17 Jahren Erfahrung in und mit der Strafverfolgung sexualisierter Kriegsgewalt ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Mittlerweile gibt es zahlreiche juristische Analysen über die verschiedenen Formen sexualiserter Kriegsgewalt als Straftat. Das Besondere der vorliegenden Studie besteht darin, dass sie auch die Sicht derjenigen Frauen einbezieht, die es auf sich genommen haben, vor Gericht über sexualiserte Gewalt auszusagen.
1. Militärischer Befehlshaber im Sinne des § 4 VStGB ist, wer die faktisch ausübbare, gegebenenfalls auch rechtlich fundierte Möglichkeit hat, Untergebenen verbindliche Anweisungen zu erteilen und die Ausführung dieser Anweisungen durchzusetzen.
2. Der subjektive Tatbestand des § 4 VStGB setzt mindestens bedingten Vorsatz des Vorgesetzten voraus. Dieser muss u.a. erkennen oder mit der konkreten Möglichkeit rechnen, dass der Untergebene eine Straftat nach dem Völkerstrafgesetzbuch zubegehen beabsichtigt. Dabei genügt es, wenn sein bedingter Vorsatz die Art der zu begehenden Straftat umfasst und sich weiter darauf erstreckt, dass derartige Taten bei dem Einsatz der ihm unterstellten Truppen im Kampfgebiet begangen werden; ein hierüber hinausgehendes Detailwissen ist nicht erforderlich.
Zum Stand der Diskussion und Fragen der Umsetzbarkeit, insbesondere einer gesetzlichen Quote
I. Einleitung
Eine 2010 veröffentlichte DIW-Studie geht
davon aus, dass sich in den Spitzengremien der großen Unternehmen bestehende
Chancenungleichheiten zwischen den Geschlechtern auf dem Arbeitsmarkt und in
der Gesellschaft kristallisieren. Bereits diese kurze zusammenfassende Aussage
der Autorinnen macht klar, dass die in den Vorständen der größten privaten
Unternehmen in Deutschland bestehende männliche Monokultur kein Zufall ist und
kein Zustand, der sich von allein ändern wird.
Dieser Befund ist nicht neu. Die Führungspositionen der deutschen Wirtschaft sind seit jeher fest in Männerhand. In Großunternehmen ist nur eine
verschwindend geringe Zahl der Führungskräfte weiblich, wobei der Begriff
Führungskräfte sehr dehnbar ist und in manchen Zahlen ohnehin solche Positionen
mitgezählt werden, die zwar von Frauen bekleidet werden, aber in der Regel nach
gängiger Besetzungspraxis weder für die Tätigkeit im Vorstand eines Unternehmens noch im Aufsichtsrat qualifizieren. Und es geht keineswegs
kontinuierlich voran, wie gerne behauptet wird. In den meisten Bereichen
stagniert der Anteil von Frauen in Führungspositionen, in Betrieben mit weniger
als 20 Beschäftigten ist er sogar rückläufig.
Eine störungsfreie, zwei Jahre dauernde Teilung eines
Arbeitsplatzes kann ein Indiz für die in der Praxis mögliche Teilbarkeit einer
Vollzeitstelle sein und entgegenstehende betriebliche Gründe ausschließen.
Explizit enthält das Grundgesetz kein Verbot der
Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung. In der Liste des Art. 3 Abs.
3 GG, der die Benachteiligung wegen einer Vielzahl von Kriterien untersagt,
fehlt dieses Merkmal. Jüngst wurde daher von den Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, SPD und DIE LINKE der Antrag gestellt, das Verbot der Diskriminierung
wegen der sexuellen Identität in die Verfassung aufzunehmen. Doch diese Initiative blieb erfolglos. Dass sich der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht entschließen
konnte, ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Ausrichtung aufzunehmen,
ist bedauerlich. Damit wurde die Chance vertan, das Grundgesetz zu
modernisieren und internationale Entwicklungen aufzunehmen. Verfassungen enthalten
– neben staatsorganisatorischen Regelungen – die Fundamente, auf denen ein
Gemeinwesen aufbaut. Die Ächtung der Diskriminierung wegen der sexuellen
Orientierung hätte es verdient, als eine solche Grundlage Deutschlands
anerkannt zu werden.
1. Bei den mit
einer Zwangsverheiratung einhergehenden Rechtsverletzungen, die auch die
Anwendung physischer und psychischer Gewalt mit einschließen, handelt es sich
um eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte im Sinne des
Art. 9 Abs. 1 lit. b RL 2004/83/EG.
2. Der iranische Staat ist weder in der Lage noch
willens, Schutz vor Verfolgung durch Familienangehörige in Fällen von
Zwangsverheiratung zu bieten.
Urteil des VG
Stuttgart vom 14. März 2011 – 11 K 553/10
Die am 13.04.1990 in
Kabul/Afghanistan geschlossene Ehe der Beteiligten wird geschieden. Ein
Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Beschluss des AG Bad Schwalbach vom 08.11.2010, Az. 1 F 301/09, r.k.
Preis: 3.00 EUR
Tagungsbericht
II. Symposium des ‚Leda’-Netzwerks für feministische Geschlechterstudien und romanistische Rechtstraditionen vom 17.-18. Dezember 2010 in Buenos Aires
Seit dem Frühjahr 2008 kooperieren Rechtswissenschaftlerinnen
aus Europa und Lateinamerika im Rahmen des ‚Leda’-Netzwerks, um gemeinsame
Forschungen auf den Gebieten der römischen Rechtstraditionen, Antikenrezeption,
Wissenschafts-, Ideen- und Mentalitätsgeschichte sowie der feministischen Geschlechterstudien
zu lancieren. Dabei wird versucht, kritisch Themen zu hinterfragen, die in
Fachkreisen als abgehandelt und vordergründig bekannt gelten oder jüngst wieder
zu tagespolitischen Zwecken verdünnt werden; dadurch soll auch auf breiter
Basis ein Zielpublikum in romanischen Ländern angesprochen und der akademische
Nachwuchs in diese Debatten eingebunden werden. Im Jahr 2009 fand ein erstes
Symposium des Netzwerks in Graz statt.
Bewertung der Ergebnisse
des Vorgezogenen Endberichts vom 30.11.2010
Nahezu zeitgleich sind
im Januar 2011 der Vorgezogene Endbericht des im Auftrag des BMJ durchgeführten
Forschungsprojektes „Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter
Eltern“ und ein „Kompromissvorschlag“ der Bundesjustizministerin für eine
zukünftige gesetzliche Regelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter
Eltern veröffentlicht worden. Wie der „Kompromissvorschlag“ im Einzelnen
aussehen soll, kann auf der Homepage des BMJ im Dokument „Sorgerecht nicht
miteinander verheirateter Eltern - Fragen und Antworten“ nachgelesen werden
Eine vergleichende Betrachtung aus Anlass des Urteils des BAG vom 22.7.2010
1.
Einführung
In der deutschen Rechtswirklichkeit sind unverändert
gravierende Defizite in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und Männern im
Erwerbsleben zu beobachten. Insbesondere folgende Einzelaspekte werden in
letzter Zeit thematisiert:
- der
nach wie vor bestehende – im europäischen Vergleich auffällige und vom
UN-Ausschuss CEDAW gerügte - Gender Pay Gap in Höhe von zur Zeit 23,2 %, mit
dem Deutschland unter den 27 EU-Mitgliedstaaten auf Platz 24 liegt.
- die
geringe Repräsentanz von Frauen in den Chefetagen, insbesondere Vorständen und
Aufsichtsräten, die in engem Zusammenhang mit dem geschlechtsspezifischen
Lohngefälle zu sehen ist - hier nimmt Deutschland im Rahmen von 27 untersuchten
Ländern den siebtletzten Platz ein.
Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die in einem
Einzelhandelsbetrieb mit Öffnungszeiten an sechs Tagen bis 20 Uhr arbeitet,
kann nach § 611 Abs 1 BGB i.V.m. § 241 Abs 2 BGB beanspruchen, dass der
Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts Rücksicht auf Belange der
Kinderbetreuung nimmt und ihre tägliche Arbeitszeit auf 15:30 Uhr beschränkt.
Urteil des ArbG Berlin vom 25.07.2008, 28 Ca 13095/07
– rkr.
1) Das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. §
106 GeWO darf nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden.
2) Dazu gehört die Berücksichtigung von
Betreuungserfordernissen des Kindes einer Arbeitnehmerin.
3) Die Verweigerung einer Arbeitsleistung, die unter Verstoß
gegen eine fehlerfreie Ermessensausübung angeordnet wurde, berechtigt nicht zur
Kündigung.
Urteil des ArbG Bochum vom
22.12.2010, 5 CA 2700/10
1. Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft
anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht, da sie normativ
kategorial ausschließlich Frauen trifft. Eine solche Regelung berührt zwar auch
Art. 6 Abs. 4 GG; das Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den
Staat enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der
Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert.
2. Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener
Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG
verankert.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des BVerfG vom 28.04.2011, 1 BvR
1409/10
Wird bei einer Schwangeren zutreffend ein ärztliches
Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG ausgesprochen, ohne dass sich bei
ihr eine Arbeitsunfähigkeit feststellen lässt, führt dies bei einer eng am
Wortlaut orientieren Auslegung des § 119 Abs. 5 SGB III nicht dazu, dass
zwingend von einem Ausschluss der Verfügbarkeit der Schwangeren auszugehen ist.
Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28.01.2011, L 1 AL 38/10
1. Im Hinblick auf den Auftrag der
Gleichstellungsbeauftragten zur Gewährleistung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern, ihrer Gleichbehandlung ohne Rücksicht auf das Geschlecht,
muss der Gleichstellungsbeauftragten bei jeder personellen Maßnahme unabhängig
vom Geschlecht der betroffenen Person ein Mitwirkungsrecht zustehen, es sei
denn, das Beteiligungsrecht ist schon tatbestandlich ausgeschlossen.
2. Eine Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten
führt jedenfalls dann zur Rechtswidrigkeit einer Zurruhesetzung, wenn bis zum
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verfügung eine Unterrichtung der
Gleichstellungsbeauftragten von der beabsichtigten Maßnahme unterblieben ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des VG Düsseldorf vom 24.03.2010, - 2 L 417/10
Preis: 3.00 EUR
Franz-Josef Düwall / Kristina Göhle-Sander / Wolfhard Kohte (Hrsg.): juris PraxisKommentar: Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs, Dr. Christine Bergmann, legte ihren Abschlussbericht vor
Im Mai 2011 wurde der Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs, Dr. Christine Bergmann, vorgelegt. Er umfasst 300 DIN-A4-Seiten und stellt die Arbeit der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs vor. Diese wurde am 24.03.2010 von der Bundesregierung eingesetzt, gleichzeitig mit der Einrichtung eines Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“. Aufgabe der Unabhängigen Beauftragten war die Einrichtung einer Anlaufstelle für Betroffene, die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in Institutionen und in der Familie in der Vergangenheit und die Erarbeitung von Empfehlungen für immaterielle und materielle Hilfen für Betroffene für die Bundesregierung und den Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“.
1. Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c Abs. 1 StGB steht allein das Einvernehmen des Opfers mit der vom Täter vorgenommenen sexuellen Handlung nicht entgegen.
2. An einem Missbrauch im Sinne dieser Vorschrift fehlt es ausnahmsweise dann, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausnutzt.
Urteil des BGH vom 14.04.2011, 4 StR 669/10
Versucht ein Psychotherapeut einer Patientin einen Kuss auf den Mund aufzudrücken, so kommt es für die Frage, ob dies ein durch die Berufsordnung verbotener „sexueller Kontakt“ ist, ausschließlich auf die Wahrnehmung der Patientin an. Die subjektive Vorstellung des Therapeuten, er handle im Sinne eines verhaltenstherapeutischen Konfrontationsverfahrens, ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit irrelevant.
Urteil des VG Gießen vom 21.06.2010, 21 K 51/09. GI.B
1. Es besteht Verfolgungsgefahr durch nichtstaatliche Akteure, hier eine kriminelle „Madame“, vor der der nigerianische Staat die Klägerin nicht schützen kann.
2. Nach Nigeria rückkehrende Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind und die sich hiervon befreit haben bzw. befreit worden sind (und als Zeuginnen ausgesagt haben) sind eine soziale Gruppe i.S.v. Art. 10 RL 83/2004 EG.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Wiesbaden vom 14.3.2011, 3K1465/09 rkr.
Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 25. Januar 2011
I. Die Entscheidung
Mit Urteil vom 25. Januar 2011 zur Bedarfsbemessung nachehelichen Betreuungsunterhalts hat das Bundesverfassungsgericht den Bundesgerichtshof in seine Schranken gewiesen und dessen Rechtsprechung zur Dreiteilungsmethode als verfassungswidrig, als von der gesetzgeberischen Intention nicht gedeckt und die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung überschreitend (Nr. 55) bewertet. Der Unterhaltsanspruch der klagenden geschiedenen Ehefrau sei durch die Rechtsprechung des BGH „in einem vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Maße“ (Nr. 79) verkürzt worden, der BGH habe sich in Überschreitung seiner Befugnisse vom Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung nachehelichen Unterhalts gelöst und eine gesetzgeberische Grundentscheidung durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt (Nr. 62).
Die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ unter Anwendung der Berechnungsmethode der sog. Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhaltes und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt die Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Beschluss des BVerfG vom 25.01.2011, 1 BvR 918/10
1. Für die Frage, ob eine im Ehevertrag vereinbarte Regelung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Wege der Ausübungskontrolle gemäß § 242 BGB anzupassen ist, kommt es auf die tatsächliche - nicht notwendig einverständliche - Gestaltung der Ehe an.
2. Zur Vertragsanpassung eines Ehevertrages gemäß § 242 BGB, wenn der selbständig tätige Ehepartner, dessen Praxis Bestandteil seines Altersvorsorgekonzepts ist, diese Tätigkeit Ehe bedingt aufgegeben hat.
Beschluss des KG Berlin, vom 19.05.2011, 13 UF 136/10
Preis: 3.00 EUR
BMFSFJ
Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland
Vorschlag für ein Entgeltgleichheitsdurchsetzungsgesetz
Nach mehr als einem halbem Jahrhundert rechtlich postulierter Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit kann von einer vollzogenen Gleichstellung der Geschlechter kaum die Rede sein. Vielmehr liegt der Verdienstun-terschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland immer noch bei 23 Prozent. ZumTeil ässt sich diese Differenz durch beobachtbare geschlechtsspezifische Unterschiede erklären. Frauen weisen beispielsweise in der Regel längere Phasen familiärbedingter Erwerbsunterbrechungen auf und besetzen seltener leitende berufliche Positionen. Oftmals unberücksichtigt bleibt jedoch, dass auch diese Faktoren bereits durch Diskriminierungen verursacht werden können, auch wenn sie nicht durch eine direkte Ungleichbehandlung beim Entgelt ausgelöst werden, sondern als Formen der Beschäftigungsdiskriminierung zu interpretieren sind. Darüber hinaus verbleibt nach Herausrechnung weiterer Faktoren noch ein beträchtlicher Anteil der Entgeltlücke unerklärt und somit im Diskriminierungsverdacht. Trotz der gegebenen Rechtsgrundlagen hapertes dem nach an der effektiven Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgrundsatzes.
Art.5 Abs.2 der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen ist mit Wirkung vom 21. Dezember 2012 ungültig.
Urteil des EuGH vom 01.03.2011, -C-236/09 (Association belge des Consommateurs Test-Achats ASBL u. a.)
Eine Vereinbarung, nach welcher der Anspruch auf betriebliche Vorruhestandsleistungen mit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Renteneintritts endet, benachteiligt Frauen wegen des Geschlechts (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) und ist deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Denn für Frauen der Geburtsjahrgänge 1940 bis 1951 endet der Anspruch auf Vorruhestandsleistungen bereits mit dem 60. Lebensjahr (frühestmöglicher Renteneintritt gemäß Anlage 20 zu § 237a Abs. 2 SGB VI). Demgegenüber können vergleichbare Männer frühestens mit dem 63. Lebensjahr Altersrente beanspruchen und deshalb die Vorruhestandsleistungen drei Jahre länger beziehen.
Urteil des BAG vom 15.02. 2011, 9 AZR 750/09
Preis: 3.00 EUR
Buchbesprechung von Alexandra Goy
Scheidungsratgeber von Frauen für Frauen (Gisela Gebauer-Jipp, Renate Eckholdt, Gisela Frederking, Gisela Friederichs u.a.)
Die vollständig neu überarbeitete und erweiterte
Neuausgabe des erstmals 1976 erschienenen Ratgebers beruht auf den langjährigen
Erfahrungen der 12 Autorinnen als Rechtsanwältinnen in der eigenen Praxis und
in Beratungsstellen. Er stellt auf die spezifischen Probleme von Frauen ab, die
nach deutschem Recht zu beurteilen sind, wobei Unterschiede zwischen dem
Familienrecht in den neuen und alten Bundesländern berücksichtigt werden. Ehen
mit Auslandsberührung werden gestreift.
Welche gesetzlichen
Regelungen und Leitbilder werden berührt – oder reformbedürftig – wenn
Familienmodelle vielfältiger werden und mehr Frauen zu Ernährerinnen ihrer
Familie werden?
Leitbilder
enthalten normative Vorstellungen über die Gestaltung eines Teilbereichs der
Gesellschaft und dynamisch sich entwickelnde Wertmuster; sie sind an Werte und
Normen gekoppelt. Manche Leitbilder im Recht sind explizit, etwa
verfassungsrechtliche Grundsätze wie der Grundsatz der Gleichberechtigung
(Art. 3 Abs. 2 GG), der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) oder das
familienrechtliche Leitbild der partnerschaftlichen Ehe und der Grundsatz, dass
beide Ehepartner berechtigt sind, erwerbstätig zu sein (§ 1356 Abs. 2 S. 1
BGB). Implizite Leitbilder lassen sich dagegen nur durch eine Analyse des
Zusammenwirkens von Teilbereichen des Rechts rekonstruieren – etwa das sogenannte
Normalarbeitsverhältnis oder das Leitbild der ‚nicht erwerbstätigen Mutter
eines Kindes unter drei Jahren’, das in Fluss geraten ist durch das
Elterngeldgesetz und die
Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter
Dreijährige ab Oktober 2013 (vgl. zum
sog. Altersphasenmodell im Familien- und Sozialrecht Wapler 2010). Normative
Rollenmodelle im Recht sind dynamisch und im Wandel; die Veränderungen der geschlechtshierarchischen
Modelle von Ehe und Elternschaft im Familienrecht seit 1949 verdeutlichen dies
(vgl. Scheiwe/Wersig 2011: 13-15).
Als die Mauer fiel, lebte ich als Teenager in der
damaligen DDR. Mit meinen 14 Jahren war ich von „Frauenthemen“ noch ziemlich
weit entfernt, aber die Wendezeit bleibt für mich gleichwohl unvergessen.
Welche sozialen und persönlichen Veränderungen dieser Systemwechsel für
Familie/n, Freunde und Bekannte bedeutete, habe ich sehr aufmerksam verfolgt.
Die Zukunftsplanung, die der DDR-Staat in vielen Bereichen (z.B. Bildung,
Arbeit) für alle gesichert hatte (leider mit all den bekannten negativen
Implikationen), war so nicht mehr gegeben. Unsicherheit, Perspektivlosigkeit
und Arbeitsplatzverlust waren vor allem auch Probleme von Frauen. Und das Bild
der berufstätigen Frauen und Mütter, das als identitätsstiftendes Element
gewirkt und sich mir seit frühester Kindheit eingeprägt hatte – geriet
erheblich ins Wanken.
Während meiner Studien und insbesondere im Rahmen meiner Doktorarbeit
habe ich mich dann sehr intensiv mit den Frauenrechten und deren Durchsetzung
befasst. Dabei wurde immer wieder deutlich, dass sich der Status von Frauen
historisch-politisch entwickelt hat und Prozesse des sozialen Wandels eine große
Rolle spielen. Mit dieser Erkenntnis bin ich zu meinen ostdeutschen Wurzeln
zurückgekehrt, um folgenden Fragen nachzugehen: Welche Rechte und Pflichten
hatten Frauen in der DDR? Wie stand es um die Rechtsdurchsetzung? Und zu
welchen rechtlichen und strukturellen Veränderungen kam es nach der Wende?
1. Einem Vater, der
nie zuvor an der elterlichen Sorge beteiligt war, steht gegen eine Entscheidung
des Familiengerichts, die einen Entzug der elterlichen Sorge der Mutter
ablehnt, auch unter der Geltung des FamFG keine Beschwerdeberechtigung zu.
2. Eine Beschwerdeberechtigung des Vaters
kann in einem derartigen Fall auch nicht aus dem Urteil des EuGHMR vom 3.
Dezember 2009 - 22028 / 04 - FamRZ 2010, 103 hergeleitet werden.
Beschluss des OLG Celle vom 30.06.2010, 10 UF 82
/ 10
Das Umgangsrecht
dient nicht dazu, eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben
des Kindes etwa in Form eines Wechselmodells sicherzustellen.
Von den Eltern erfordert das Wechselmodell,
dass sie dem anderen Elternteil nicht in den Rücken fallen, sondern dessen
Erziehung vor den Kindern als gleichrangig akzeptieren.
Beschluss des OLG Nürnberg vom 22.07.2011, 7 UF
830/11
Preis: 3.00 EUR
Beschluss des AG-FamG Leipzig, zum Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010, Az: 1 BvR 420/09 (§ 1672 BGB)
Die Begründung der
gemeinsamen elterlichen Sorge für Kinder, deren Eltern nicht miteinander
verheiratet sind und sich getrennt haben, dient dann nicht dem Kindeswohl, wenn
diese nur zusätzliches Konfliktpotential schaffen würde und das Begehr eine dem
Kindeswohl nicht zuträgliche Machtausübung darstellt.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des AG-FamG Leipzig v. 11.3.2011, 334 F 03081/10
1. Die
Schwangerschaft der Klägerin und das ihr erteilte ärztliche Beschäftigungsverbot
sind Tatsachen, die die Beklagte bei der Bescheidung des Antrags der Klägerin
auf Verkürzung der Elternzeit nicht berücksichtigen darf.
2. Berücksichtigt ein Dienstherr die
Schwangerschaft einer Bediensteten als Grund für die Ablehnung ihrer Rückkehr
an ihren Arbeitsplatz vor dem Ende des Erziehungsurlaubs, so stellt dies eine
unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.
Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt vom 21.04.2011, 1 L 26/10
1. Die Kündigung
einer Schwangeren muss gemäß § 9 Abs.3 Satz 2 MuSchG den Kündigungsgrund
angeben und in einer einheitlichen Urkunde gegenüber der Schwangeren erklärt
werden.
2. Der bloße Hinweis, dass es sich um eine
betriebsbedingte Kündigung handelt, reicht ebenso wenig aus wie eine
ausführliche Begründung im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des ArbG Nürnberg vom 22.02.2010, 8 Ca 2123/09
Die mit einer Niederlassungserlaubnis verbundene
Verfestigung des Aufenthalts führt nicht zu einer Verstetigung der Belastung
öffentlicher Haushalte durch die Verpflichtung zur Gewährung von
Sozialleistungen, wenn die in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen deutsche
Staatsangehörige sind und die Ausländerin ihren Bedarf aus eigenem Einkommen
decken kann. Es liegt dann eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG vor, sodass der Bezug der Sozialleistung der Niederlassungserlaubnis
nicht entgegensteht.
(Leitsatz der Redaktion)
Das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau („Frauenkonvention“), auch CEDAW abgekürzt, wurde
am 18.12.1979 von der UN-Generalversammlung verabschiedet. (West-)Deutschland
hat den Pakt am 17.07.1980 unterschrieben und am 10.12.1985 ratifiziert. Die
Unterzeichnung und Ratifizierung des Fakultativprotokolls fanden am 10.12.1999
und am 15.01.2002 statt.
Die
Bundesregierung erstellt seither unter Federführung des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) alle vier Jahre einen
Staatenbericht zur Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland. Dieser
Bericht soll einen Überblick über die Umsetzung des Übereinkommens in die
nationale Gleichstellungspolitik geben.
Anlässlich
des anstehenden Zwischenberichts der Bundesregierung zu CEDAW, mit seinen
Prioritätsthemen „Intersexualität/ Transsexualität“ und „Beseitigung von
Lohnungleichheit von Frauen“, trafen
sich Expertinnen und Interessierte im Juli dieses Jahres zu einem gemeinsamen
Workshop. Ziel des Workshops war die „Klärung des Verhältnisses von Recht und
Rechtswirklichkeit“ und die „Rolle der verschiedenen Akteure im
Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen“. Darüber hinaus wollte die Tagung
dazu beitragen, CEDAW zu mehr Bekanntheit zu verhelfen.
Preis: 3.00 EUR
Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – Frauen gegen Gewalt e.V.
Im
Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) sind mehr als 150
Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen zusammengeschlossen. Die im bff
organisierten Fachberatungsstellen leisten in Deutschland den hauptsächlichen
Anteil der ambulanten Beratung und Hilfestellung für Mädchen und Frauen, die
sexualisierte, körperliche oder psychische Gewalt erleben. Der bff und seine
Mitgliedseinrichtungen beraten Politik, Behörden und Medien sowie viele andere
Berufsgruppen zu wirkungsvollen Strategien, um die Situation für
gewaltbetroffene Frauen und Mädchen zu verbessern.
Preis: 3.00 EUR
Buchbesprechung von Sibylla Flügge
Barbara Schwarz: Die Verteilung der elterlichen Sorge aus erziehungswissenschaftlicher und juristischer Sicht