Ausgabe 2

Inhaltsverzeichnis 2/2001

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Birgit Schweikert

Wer schlägt, der geht?! Das geplante Gewaltschutzgesetz -Hintergrund, Chancen und offene Fragen

"Misshandlung von Frauen meint (. ..) nicht nur die Schläge, die eine Frau erhält, sondern einen Lebenszusammenhang,
- in dem Männer, weitgehend ohne dafür sanktioniert zu werden, sich das Recht herausnehmen, Frauen zu schlagen und zu vergewaltigen,
- in dem Frauen gelernt haben, diese Gewalt als Teil des weiblichen Lebensschicksals hinzunehmen und zu erdulden und
- (in dem) eine Gesellschaft (. ..) diesen Zusammenhang täglich wieder herstellt, indem sie das hierarchische Geschlechterverhältnis mit seiner männlichen Vorherrschaft fortschreibt".

Gesellschaftlich und politisch wurde in Deutschland das Thema Gewalt gegen Frauen im Gegensatz zu anderen Gewaltphänomenen lange Zeit hingenommen. Gewalt schien untrennbar zum Verhältnis der Geschlechter zu gehören mit einer vermeintlich biologisch und gesellschaftlich determinierten Rollenverteilung: Der Mann schlägt, die Frau wird geschlagen, die Gesellschaft kann nichts tun außer der Bereitstellung von Frauenhäusern. Gewalt durch den Beziehungspartner wurde so zum Schicksal von Frauen; die Frage nach Intervention und Recht stellte sich bei einer solchen Betrachtungsweise nicht. Denn gegen Schicksal kann Recht nichts bewirken. Es gibt keine Schuld, keine Täter, sondern nur Schicksale, tragische Beziehungen und tragische Opfer. Im "Dschungel der Gefühle" - wie es die beiden bekannten österreichischen Soziologinnen Benard und Schlaffer so schön ironisch als Buchtitel formulierten - hat Recht nichts zu suchen und zu vermelden. Oder doch?

Preis: 3.00 EUR

BTDrs. 14/5429 vom 5. März 2001

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung

Bundestagsdrucksache 14/5429 vom 5. März 2001

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Beschluß des VG Karlsruhe

Polizeilicher Platzverweis gegen gewalttätigen Mann

Es ist nicht zu beanstanden, daß ein gewalttätiger Mann durch Polizeibeamte für die Dauer von 7 Tagen aus der ehelichen Wohnung gewiesen wird, wenn davon auszugehen ist, daß es andernfalls zu weiteren Angriffen auf die Ehefrau kommt.
Beschluß des VG Karlsruhe v. 2.2.01 - 12 K 206/01 -

Preis: 1.50 EUR

Forderungskatalog

aus einem europäischen rechtsvergleichenden Projekt im Bereich Gewalt gegen Frauen

I.
Gewaltbetroffenen Frauen muss ein leicht zugängliches, unentgeldiches Informationsangebot zur Verfügung stehen, das qualifiziert über Hilfen und Schritte Auskunft gibt, die es der Frau ermöglichen, sich und Ihre Kinder zu schützen und frühzeitig eine gewalttätige Beziehung zu verlassen (Clearing-Stelle). Die Qualität der Auskünfte muss durch spezielle und frauenspezifische Fortbildungen gewährleistet werden, die sowohl die psycho-sozialen als auch die rechtlichen Aspekte umfasst.
In den meisten von uns untersuchten Ländern werden solche Informationen durch die Frauenhäuser und Familien- und Frauenberatungsstellen bereit gestellt. Dies ist aus unserer Sicht ungenügend:

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Sibylla Flügge

Gleiche Rechte für Frauen und Männer: greifbar nah - unendlich fern. Tranditionslinien vom Mittelalter bis zur Aufklärung

Menschenrechte haben ein Geschlecht
Wenn wir heute lesen, dass die französische Nationalversammlung 1789 erklärte: "Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein." so liegt es aus heutiger Sicht nahe, zu glauben, damals habe eine historische Chance bestanden, gleiche Rechte für Frauen und Männer zu postulieren. Zum Beispiel Jean Antoine de Condorcet, einer der Präsidenten der französischen Nationalversammlung,  die englische Publizistin Mary Wollstonecraft und der preußische Jurist Theodor Gottlieb von Hippel sind dafür beredte Zeugen. Olympe de Gouges und andere Frauen haben in Paris für die Gleichstellung gekämpft. Auch in Preußen fand das Postulat der Gleichheit der Geschlechter 1794 in das Preußische Allgemeine Landrecht zumindest vom Grundsatz her Eingang. Es hieß dort: "Die Rechte beider Geschlechter sind einander gleich, soweit nicht durch besondere Gesetze oder rechtsgültige Willenserklärungen Ausnahmen bestimmt worden sind." (ALR I, 1, § 24)

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BGH mit Anmerkung von Jutta Lossen

Bestellung des Verteidigers vor der ermittlungsrichterlichen Vernehmung eines Belastungszeugen

1. Ist abzusehen, daß die Mitwirkung eines Verteidigers im gerichtlichen Verfahren notwendig sein wird, so ist § 141 Abs. 3 StPO im Lichte des von Art. 6 Abs. 3 d MRK garantierten Fragerechts dahin auszulegen, daß dem unverteidigten Beschuldigten vor der zum Zwecke der Beweissicherung durchgeführten ermittlungsrichterlichen Vernehmung des zentralen Belastungszeugen ein Verteidiger zu bestellen ist, wenn der Beschuldigte von der Anwesenheit bei dieser Vernehmung ausgeschlossen ist.
2. Der Verteidiger muß regelmäßig Gelegenheit haben, sich vor der Vernehmung mit dem Beschuldigten zu besprechen.
3. Das Unterlassen der Bestellung des Verteidigers mindert den Beweiswert des Vernehmungsergebnisses. Auf die Angaben des Vernehmungsrichters kann eine Feststellung regelmäßig nur dann gestützt werden, wenn diese Bekundungen durch andere wichtige Gesichtspunkte außerhalb der Aussage bestätigt werden.
Urt. des BGH, 1. Strafsenat vom 25.7.2000, AZ 1 StR 169/00, abgedruckt in NJW 2000, 3505 ff., StV 2000, 593 ff.

Preis: 1.50 EUR

Beschlußdes OLG Hamm

Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit

Zur Ablehnung eines Sachverständigen im Umgangsrechtsverfahren mit Verdacht sexuellen Mißbrauchs
Beschluß des OLG Hamm vom 13.10.2000 - 7 WF 402/00 -


Zum Sachverhalt:
Im Umgangsrechtsverfahren vor dem Amtsgericht Arnsberg - 16 F 655/99 -, in dem es auch um den Verdacht des sexuellen Mißbrauchs des 4 1/2jährigen Kindes durch den Vater ging, setzte das Gericht den Sachverständigen Prof. Dr. J. ein.
Die Mutter lehnte diesen ab mit der Begründung, der Sachverständige habe in einer Fernsehdiskussion geäußert: "Lieber - ich sag's mal platt - einmal mehr mißbrauchen lassen - aber dann sicher sein, daß hier der richtige Weg beschritten wurde -, als zu früh lozuschießen, denn darüber muß man sich im Klaren sein, das wird sehr schnell zum Selbstläufer" sowie mit anderen Hinweisen zum Verhalten und zu Äußerungen des Sachverständigen während der Untersuchung.
Das Amtsgericht lehnte das Ablehnungsgesuch ab. Das OLG gab der sofortigen Beschwerde der Kindesmutter statt und erklärte das Ablehnungsgesuch für begründet.

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Urteil des BSG

Kindergeld für bosnische Flüchtlinge

Bosnische Flüchtlinge können Kindergeld auch dann beanspruchen, wenn ihr Aufenthalt hier lediglich geduldet ist, soweit sie Arbeitnehmerin sind oder Kranken- bzw. Arbeitslosengeld beziehen.
Urt.des BSG v. 12.4.2000 - B 14 KG 3/99 R

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Urteil des LAG Schleswig-Holstein

Mutterschurzlohn bei schikanösem Arbeitgeber

Mißachtet ein Arbeitgeber die Rechte einer Schwangeren und zwingt sie zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, kann ihre psychische Gesundheit gefährdet sein und gem. § 3 Abs. 1 MuSchG ein Beschäftigungsverbot vorliegen, welches zum Anspruch auf Mutterschutzlohn gem. § 11 MuSchG führt.
LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 7.12.1999 - 1 Sa 464/99 - rkr

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Beschlußdes OLG Hamm

Ehegattenunterhalt, Teilzeittätigkeit während der Trennungszeit

Zur Verpflichtung der Ausweitung einer Teilzeittätigkeit während der Trennungszeit
Beschluß (PKH) des OLG Hamm vom 1.8.2000 - 2WF 330100

Zum Sachverhalt:
Die Ehefrau ist im Jahre 1950 geboren. Die Eheleute sind seit 1968 verheiratet und leben seit November 1997 getrennt.

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Beschlußdes OLG Bamberg

Ehescheidung nach iranischem Recht bei Unterhaltspflichtverletzung

Kommt der Ehemann seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nach, kann für die Ehefrau ein Scheidungsgrund nach dem iranischen Recht gegeben sein.
Beschluß (PKH) des OLG Bamberg vom 31.1.2001 - 2 WF 220/00 -

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Susanne Baer

Angelika Bähr: Bausteine einer "postmodernen" Kriminologie

Hamburger Srudien zur Kriminologie Bd. 24, Centaurus-Verlag 1999

In der Kriminologie werden seit vielen Jahren feministische Ansätze diskutiert. Die Kriminologie hat sich daneben auch frühzeitig der Herausforderung gestellt, die wissenschaftstheoretisch als "linguistic turn" bezeichnet wird. Damit wird sprachlichen Konstruktionen grosse Bedeutung, wenn nicht gar der Vorrang für unsere Wahrnehmung der Welt eingeräumt. Im Extrem fragt sich dann, ob es eine Wirklichkeit überhaupt ausserhalb der Sprache gibt. Unklar ist auch, welche Rolle die Sprechenden (oft verkürzt: "der Autor") spielen, wenn Bedeutungen sprachlich nie einseitig und eindeutig sind, sondern immer eine Differenz zwischen Gesprochenem, in Bezug Genommenem und Gehörtem liegt. Für die feministische Diskussion spielt beides eine Rolle, weil sich die Wirklichkeit "der Frau" als Konstruktion erweist und das Sprechen über, aber auch das von Frauen in einem problematischen Verhältnis zu ihrer sozio-kulturellen Existenz steht. Das hat Luce Irigaray in Frankreich ebenso aufgegriffen wie Nicola Lacey in England, Mary Joe Frug und Drucilla Cornell in den USA ebenso diskutiert wie Renata Salecl aus Slowenien und die Autorinnen im 5. Beiheft zum Kriminologischen Journal 1995 von Martina Althoff und Sibylle Kappel zu "Geschlechterverhältnis und Kriminologie".

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Erlaß des Bundesministerium fUr Arbeit und Sozialordnung

Arbeitserlaubnis für OpferzeugInnen

Im Rahmen des Kooperationskonzeptes zwischen Fachberatungsstellen und der Polizei für den Schutz von OpferzeugInnen von Menschenhandel ist verabredet worden, dass Opferzeuginnen während ihres Aufenthalts in Deutschland bis zum Prozess der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden soll. Im Rahmen des Kooperationskonzeptes sollen die Fachberatungsstellen und die Dienststellen der Polizei und der Bundesanstalt für Arbeit gemeinsam bei der Zulassung zum Arbeitsmarkt zusammenarbeiten. Der Anstoß zur Vermittlung in Beschäftigungen und zur Arbeitserlaubniserteilung soll von den Fachberatungsstellen ausgehen.

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Dagmar Oberlies

Offener Brief an Senatorinnen der Freien und Hansestadt Hamburg. Einrichtung einer Täter-Opfer-Ausgleich-Stelle bei Gewalttaten in Paarbeziehungen

Sehr geehrte Frau Senatorin Peschel-Gutzeit, sehr geehrte Frau Senatorin Sager,

ich weiss, dass uns wohl alle das Phänomen familiärer Gewalt einigermaßen rat- und hilflos macht. Ich kann deshalb nur zu gut verstehen, dass Sie jede Möglichkeit ergreifen wollen, um neue, andere Wege bei der Bekämpfung dieser Form von Gewalt zu gehen - und sicher haben Sie auch damit recht, "dass mit den herkömmlichen Methoden des Strafrechts der Gewalt in Paarbeziehungen kaum beizukommen ist".

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