Der Höhepunkt einer medial breit inszenierten und emotionalisierten Diskussion über Kindesaussetzungen und Kindestötungen, die 1999 begann, ist derzeit überschritten. Erste Erfahrungen mit den überwiegend in den Jahren 2000 bis 2002 errichteten "Babyklappen" oder "Babynestern" und der in einigen Krankenhäusern praktizierten anonymen Geburt liegen vor. Sie deuten darauf hin, dass sich an der Zahl der Fälle von Kindestötungen nichts wesentliches geändert hat, aber mehr Kinder anonym abgegeben oder geboren wurden. Diese Erfahrungen haben auch entschiedene Befürworterinnen von Babyklappen und anonymer Geburt im Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) veranlasst, weiter darüber nachzudenken, warum die Zielgruppe - schwangere und gebärende Frauen in extremen Notlagen offenbar durch diese Maßnahmen nicht erreicht wird.
Aus dem Sachverhalt:
Der Kläger begehrt im Wege erneuter Anfechtungsklage die Feststellung, nicht der Vater der am 3. Oktober 1994 geborenen Beklagten zu sein. [...] Eine im Jahre 2001 erhobene Vaterschaftsanfechtungsklage, die der Kläger auf ein Gutachten über seine verminderte Zeugungsfähigkeit gestützt hatte, war abgewiesen und die dagegen eingelegte Berufung des Klägers durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2002 (15 UF 42/02) zurückgewiesen worden.
Seine erneute Anfechtungsklage stützt der Kläger auf das Ergebnis einer DNA-Vaterschaftsanalyse, die er ohne Kenntnis und ohne Einverständnis der allein sorgeberechtigten Mutter der Beklagten am 21. Oktober 2002 in Auftrag gegeben hatte. Nach dem Privatgutachten vom 1. November 2002 ist mit 100 % Sicherheit ausgeschlossen, daß der Spender der einen Probe der Vater des Spenders (oder der Spenderin) der zweiten Probe ist.
1. Eine Risikoschwangerschaft kann zur Verhandlungsunfähigkeit für eine angeklagte Schwangere im Strafverfahren führen.
2. Der Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG erfasst Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit.
3. Die Verfassungsnorm des Art. 6 Abs. 4 GG ist Ausdruck einer verfassungsrechtlichen Wertentscheidung, die für den gesamten Bereich des öffentlichen und privaten Rechts verbindlich ist.
Beschluss des BVerfG v. 8.6.2004 - 2 BvR 785/04
1. Eine sexuelle Nötigung liegt im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn die sexuelle Handlung gegen den Willen der Verletzten in einer objektiv schutzlosen Lage erfolgt und der Täter dies zur Tatbegehung ausnutzt.
2. Auf das subjektive Erkennen der schutzlosen Lage durch die Verletzte kommt es nicht an.
Urteil des BGH v. 28.1.2004 - 2 StR 351/03
Aus den Gründen:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes und wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Mißbrauch eines Kindes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine auf die Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet. [...]
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung haben verletzte oder bedrohte Personen, die mit dem Täter verheiratet sind und mit ihm eine Wohnung teilen, nun plötzlich zwei gesetzliche Schutzvarianten, nachdem sie zuvor so recht eigentlich keine hatten. Das Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung, dessen Art. 1 das eigentliche Gewaltschutzgesetz ist, enthält in Art. 2 für notwendig erachtete Änderungen des Eherechts: § 1361b BGB ist dahin ausgestaltet worden, dass die Eingriffsvoraussetzung "schwere Härte" entfallen ist und die Ehewohnung bei Trennung oder zu deren Vorbereitung zugewiesen werden kann, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Zudem ist klargestellt worden, dass in Fällen, in denen ein Ehegatte dem anderen gegenüber gewalttätig geworden ist oder mit bestimmten Rechtsgutverletzungen gedroht hat, die Wohnung der antragstellenden Person in der Regel zur alleinigen Benutzung unter Ausschluss des Täters zu überlassen ist und eine Aufteilung der Wohnung in unterschiedliche Nutzungsbereiche für beide Personen regelmäßig unterbleiben soll.
Preis: 3.00 EUR
Beschluss des OLG Hamm
Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Kindesmutter
Eine gemeinsame Sorge setzt eine ausreichende Kommunikationsbasis der Eltern voraus, die bei beiderseitig geäußertem Misstrauen nicht besteht. Sind beide Elternteile erziehungsgeeignet, ist der Grundsatz der Kontinuität entscheidend.
OLG Hamm, Beschluss vom 28.9.2004, 2 UF 237/04
Alleiniges Sorgerecht bei Untätigkeit des anderen Elternteils trotz Vollmacht
AG FamG Bremen, Beschluss v. 1.2.2005, 61 F 0702/04, n. rk.
Aus dem Sachverhalt:
Die Ehe der Kindeseltern wurde 2001 geschieden, der Mutter wurde anlässlich der Scheidung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für G. übertragen. Der aus Westafrika stammende Vater hatte das Kind während der Trennung und auch danach wegen der Befürchtung der Mutter, er könne und wolle womöglich mit dem Kind in seine Heimat zurückkehren, nur in Begleitung Dritter besuchsweise gesehen, wobei diese Besuche im Kindergarten resp. Hort stattfanden. Zu einem wirklichen Kontakt zwischen Vater und Tochter kam es unter diesen Bedingungen nicht, weil der Vater nicht bereit war, sich in die Aktivitäten der Kindergruppe einbinden zu lassen und erwartete, dass das Kind in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nur mit ihm allein etwas spielen oder unternehmen würde, die Tochter ihrerseits aber in die Gruppenaktivitäten eingebunden war. Die Besuche endeten daher häufig schon nach kurzer Zeit, teilweise fanden sie auch überhaupt nicht mehr statt. Der Antragsgegner verzog dann mit seiner neuen Familie in das 250 km entfernte S., so dass seit März 2003 überhaupt keine Besuche mehr stattfanden.
Abtrennung des Versorgungsausgleichs bei unzumutbarer Härte
Die Folgesache Versorgungsausgleich ist abzutrennen und die Ehe sofort zu scheiden, wenn eine unzumutbare Härte vorliegt (hier: andauerende Gewalttätigkeit des Ehemanns). Dies gilt auch dann, wenn die Verfahresdauer noch nicht "unzumutbar lang" i.S.d. § 628 I Nr. 4ZPO ist, da andernfalls materielles Recht durch die andere zeitliche Zumutbarkeitsgrenze des Verfahremrechts ausgehebelt würde.
AG- FamG Bremen, Beschlussv. 14.6.2004,61 F 3092/03, rk.
Rechtsprobleme von Frauen in Afrika -Abschaffung von Brautpreiszahlungen
Erste internationale Konferenz gegen Brautpreiszahlungen, Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Makerere-Universität, Kampala (16.-18. Februar 2004)
Es war ein historisches Ereignis, denn erstmals in der Geschichte des Kontinents kamen über 150 Wissenschaftlerinnen und Vertreterinnen von Frauenorganisationen aus ganz Afrika am Institut für Frauen und Geschlechterforschung der Makerere-Universität in Kampala zusammen, um über die Abschaffung von Brautpreiszahlungen zu diskutieren. Juristinnen und Soziologinnen, Politikerinnen, Repräsentantinnen von Frauen- und AIDS-Gruppen, von Kirchen und islamischen Organisationen tauschten sich aus über nationale und lokale Strategien gegen Brautpreiszahlungen. Schließlich beschränken die heute verbreiteten Geldzahlungen eines Bräutigams an die Brauteltern die Mitsprache von Frauen in Ehe und Familie und beeinträchtigen die Durchsetzung ihrer Rechte, so die einhellige Meinung der Konferenzteilnehmerinnen.
1. Eine durch die Tradition und die gesellschaftlichen Verhältnisse gebilligte und vom Staat tolerierte dauerhafte Diskriminierung und Entrechtung einer bereits beschnittenen jungen togoischen Frau durch ihre Zwangsverheiratung (Zwangsverkupplung) auf Lebenszeit mit einem sie dauernd vergewaltigenden und prügelnden Mann, der sie auch durch mehrere bereits getätigte Fluchtversuche nicht entrinnen konnte, stellt im Sinne § 60 Abs 1 S 3, 4c AufenthG (AufenthG 2004) eine nichtstaatliche Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe" dar, nämlich eine "allein an das Geschlecht"anknüpfende "Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit und Freiheit". Diese ausgrenzende, weil allein Frauen wegen ihrer vermeintlichen Minderwertigkeit und Rechtlosigkeit betreffende Maßnahme hat nämlichen öffentlichen Charakter, umfasst das Element einer dauerhaft ausweglosen Lage, ist auf das unverfügbare und unverzichtbare Merkmal der sexuellen und körperlichen Selbstbestimmung gerichtet und kann wegen der Schwere der damit verbundenen Menschenrechtsverletzung der Betroffenen nicht mehr als "noch hinnehmbar" zugemutet werden.
2. Konkreter Einzelfall des Fehlens einer inländischen Fluchtalternative wegen der einflussreichen Stellung des betreffenden Mannes (hochrangiger Gendarmerie- Offizier, Regierungsparteimitglied, Kontakte zu Sohn des Regierungschefs) und wegen des weitverzweigten Clans des Vaters der Klägerin, der sie bereits einmal nach Fluchtversuch aus Nachbarland zurückholte.
Urteil des VG Freiburg i. Brg. v. 26. 1.2005, Az:A 1 K 11012/03
I. Bericht der Bundesregierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Umsetzung von SR-Resolution 1325
Hintergrund: Die Resolution 1325 (2000) des UN-Sicherheitsrates (www.peacewomen. org/1325 in Translation/1325German.pdf), am 31.10.2000 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen VN einstimmig verabschiedet, fordert die VN-Mitgliedstaaten auf für eine stärkere Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen der institutionellen Vermeidung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten Sorge zu tragen. Berichte aus den Mitgliedstaaten über die Umsetzungder Resolution dienen der Unterrichtung des UN-Generalsekretariats.
Preis: 3.00 EUR
Alexandra Goy
Buchbesprechung: Birgit Menzel und Helge Peters Sexuelle Gewalt - Eine definitionstheoretische Untersuchung
Verlag: UVK, Konstanz 2003
Quod demonstrandum erat
Einige werden sich erinnern: Anfang der 90ger Jahre machte der "Missbrauch des Missbrauchs" Schlagzeilen in den Medien. Die Beraterinnen in den Beratungsstellen für sexuell missbrauchte Mädchen, die Anfang der 80ger Jahre gegründet worden waren, gerieten unter Generalverdacht. Ihnen wurde vorgeworfen, sie suggerierten den Mädchen oft genug sexuell missbraucht worden zu seien. Es handelte sich hierbei überwiegend um Frauen aus der autonomen Frauenbewegung, die seit Mitte der 70er Jahre die Enttabuisierung der sexuellen Gewalt an Frauen und Mädchen eingeleitet hatten. Kamarina Rutschky, eine der profiliertesten Repräsentantinnen der SoziologInnen, die diesen Vorwurf erhoben, bewertete außerdem die patriarchatskritischen Thesen über sexuelle Gewalt (Brownmiller 1978) und die Annahme der Sexualisierung der Aggression (Carol Hagemann- White 1984) als ungeheure Dramatisierung und Entgrenzung der Probleme. "Männer würden so unter Kuratel gestellt werden, wie im Islam die Frauen. Verhüllt und mit niedergeschlagenen Augen müssten sie ihren Ruf als anständige Menschen, als Nicht-Missbraucher täglich neu erweisen". (S. 21) Lautmann sprach von Neoproblemen und Geschlechterpolarisierungstendenzen (5. 21).
Am 6. Mai 2005 starb nach schwerer Krankheit Helga Lorenz. Sie war eine hochkompetente und erfolgreiche Verbündete für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Arbeitsleben.