Die Verabschiedung der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) vor über 30 Jahren fiel in eine für Frauenrechte auf internationaler Ebene sehr fruchtbare Phase; 1975 war von der UNO zum „Jahr der Frau“ erklärt worden, im gleichen Jahr fand die erste Weltfrauenkonferenz in Mexiko City statt und 1976 bis 1985 war die erste Weltfrauendekade der UNO. CEDAW verkörperte damals einen fortschrittlichen Frauenrechtsansatz. Sie ging von einer universellen Geltung von Frauenrechten auch im privaten und familiären Bereich aus. Die Konvention verdeutlicht außerdem die aktive Gewährleistungsfunktion des Staates für die Menschenrechte. Und sie benennt in ihrem Art. 5 ganz explizit die Notwendigkeit einer Bekämpfung von Geschlechterstereotypen. Auch wenn Frauenmenschenrechte damals schon in den anderen Menschenrechtsverträgen geschützt waren und auch in den beiden Weltpakte von 1966 ein Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts (jeweils Art. 2) und die Verpflichtung zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (jeweils Art. 3) regeln, erwiesen sich diese Normen als unzureichend, um einen ausreichend effektiven und umfassenden Schutz vor Diskriminierungen von Frauen zu gewährleisten. Das Schaffen einer Konvention speziell zum Schutz von Frauenrechten war daher wichtig.
Einleitung
Der Zwischenbericht, den der deutsche Vertragsstaat dem UN-CEDAW-Ausschuss am 16. August 2011 vorlegte, ist nach Ansicht der Autorinnen dieses Alternativen Zwischenberichts und der Frauenverbände (Nichtregierungsorganisationen), in denen sie aktiv sind, ausgesprochen enttäuschend. Der Zwischenbericht gibt die generelle Haltung der deutschen Regierung wieder, die weiterhin meist nur aktiv wird, um Zeit und Ressourcen in beauftragte Studien, das Verfassen von Leitfäden, Berichten, Gutachten und Empfehlungen seitens externer Expert/innen zu investieren und um sogenannte freiwillige Vereinbarungen zu definieren, sich aber weiterhin weigert, zeitlich befristete Sondermaßnahmen (Art. 4.1) mit verbindlichem Charakter in Kraft zu setzen.
Der 11.11. 2011 war ein ganz besonderes Datum. Der Kaiserschnitt auf Wunsch machte es möglich. Nicht wenige Kinder wurden an diesem Tag nicht geboren, sondern geholt, aus dem Mutterleib entnommen, aus Vereinbarung zwischen Schwangeren, den Erzeugern der Kinder und der Ärzte, die im Interesse der Vertragsparteien und im eigenen Interesse handelten. Der 11.11. sei jedes Jahr ein gefragter „Geburtstermin“ sagen die Ärzte, sogar die Uhrzeit 11 Uhr werde gewünscht (s. focus online 10.11.11). In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Kaiserschnitte signifikant gestiegen, von zehn auf über dreißig Prozent der Geburten (s. focus dto.), obgleich sich angeblich (zunächst?) nur etwa drei Prozent der Frauen einen Kaiserschnitt wünschen würden (nach einer Studie des Instituts für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen).
Was wirkt wie zusammen? Angst der Frauen vor Geburtsschmerz oder schlicht um sich zu schonen? Angst der Ärzte vor negativen Folgen natürlicher Geburt oder eine Entscheidung zur ärztlichen Einkommensverbesserung? Das Honorar für natürliche Geburt liegt bei Privatpatientinnen bei 800,00 €, für Kaiserschnitt bei 2.000,00 € (SZ v. 10.11.11).
Sowohl für Mütter, Väter, Ärzte ist es ein richtiger Markt, der in den Zeitgeist passt. Einfachere Planung für Schwangere, geschäftige oder/und geschäftsreisende Väter, geschäftige und beschäftige Ärzte.
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Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV)
Zur Neuregelung der elterlichen Sorge bei nicht miteinander verheiratenen Eltern
Stellungnahme zum Antrag der SPD-Bundestagsfraktion (Drucksache 17/8601)
1. § 4 Abs. 3 BEEG zielt darauf, die einseitige Zuweisung der Betreuungsarbeit an die Frauen mit den diskriminierenden Folgen auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen.
2. Durch die vor allem auf Väter zielende Regelung der „Partnermonate“ können gesellschaftliche Vorurteile, insbesondere in der Arbeitswelt, abgebaut werden. Die – für die bestehende Rollenverteilung mitursächlichen – geringeren Aufstiegschancen von Frauen, die zumindest auch auf der Besorgnis von Arbeitgebern beruhen könnten, Frauen seien wegen Kinderbetreuungszeiten beruflich nicht kontinuierlich verfügbar, könnten teilweise ausgeglichen werden, wenn zunehmend auch Männer von ihrem Anspruch auf Elternzeit Gebrauch machten.
3. Statistische Daten zur Inanspruchnahme der „Vätermonate“ lassen eine Steigerung der Akzeptanz der Wahrnehmung von Familienverantwortung durch Väter – und damit längerfristig auch die Erreichung des vom Gesetzgeber angestrebten Zwecks – zumindest als möglich erscheinen.
(Leitsätze der Redaktion)
BVerfG, Beschluss vom 19.08.2011, 1 BvL 15/11
Zur Frage der Herabsetzung oder Befristung des Unterhaltsanspruches bei langer Dauer der Ehe und Vorhandensein von Vermögen.
(Orientierungssatz der Redaktion)
Urteil des OLG Frankfurt vom 26.07.2011, 7 UF 3/11
Eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Das gilt auch bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten. Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat. Das ist der Fall, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Fehlt ein solcher Zusammenhang, scheidet eine Pflichtverletzung regelmäßig aus.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des BAG vom 27.01.2011, 2 AZR 825/09
Eine sexuelle Belästigung i.S.v. § 3 Abs. 4 AGG ist „an sich“ als wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, wenn diese Maßnahme verhältnismäßig ist.
Erhielt ein Arbeitnehmer wegen einer körperlichen Belästigung (Schlag auf das Gesäß) eine Abmahnung, ist von einer Wiederholungsgefahr auszugehen, wenn der Arbeitnehmer später eine Kollegin mehrfach verbal belästigt (anzügliche Bemerkungen).
Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot sind nur solche Maßnahmen geeignet im Sinne der Verhältnismäßigkeit, von denen der Arbeitgeber annehmen darf, dass sie die Benachteiligung für die Zukunft abstellen. Bei einer Kündigungsfrist von 7 Monaten stellt eine fristgemäße Kündigung keinen ausreichenden Schutz vor weiteren Belästigungen dar.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des BAG vom 09.06.2011, 2 AZR 323/10
1. Nach § 36a SGB II ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.
2. Erstattungsfähig sind neben den reinen Unterbringungskosten auch Kosten der psychosozialen oder anderweitigen Betreuung, wobei der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung im Sinne des § 15 SGB II nicht vorausgesetzt ist.
3. Die Feststellung, welche konkreten Leistungen gegenüber der Hilfebedürftigen im Einzelfall erbracht wurden und weshalb diese indiziert waren, ist entbehrlich.
4. Nur eine umfassende Kostenerstattungspflicht entspricht Sinn und Zweck von § 36a SGB II, durch den eine einseitige Belastung der Kommunen, die Frauenhäuser betreiben, vermieden und letztlich verhindert werden soll, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen werden. Der erstattungspflichtige Leistungsträger soll im Ergebnis nicht besser gestellt werden als er stünde, wenn er die Hilfebedürftigen in ein von ihm selbst betriebenes Frauenhaus aufnähme.
5. Der sozialhilferechtliche Bedarfsdeckungs- und Individualisierungsgrundsatz steht der Erstattung pauschaler Tagessätze aufgrund einer Vereinbarung nach § 75 SGB XII nicht entgegen, zumal eine individuelle Ermittlung des Leistungsbedarfs einer in einem Frauenhaus aufgenommenen Frau bzw. eines Kindes realitätsfern und mit unverhältnismäßigem Verwaltungsauf- wand verbunden ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Gerichtsbescheid des SG Gotha vom 02.12.2011, S 14 SO 4801/10
1. Die Entlassung einer Beamtin auf Widerruf auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. zählt zu den personellen Maßnahmen i. S. d. § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 LGG NRW, an denen die Gleichstellungsbeauftragte mitzuwirken hat.
2. Die unterbliebene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten kann nicht durch deren nachträgliche Erklärung geheilt werden.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des OVG NRW vom 01.06.2010, 6 A 470/08
1. Der Begriff „Geschäftsführer“ ist ohne weitere Zusätze keine geschlechtsneutrale, sondern eine männliche Berufsbezeichnung. Eine Stellenausschreibung unter der Überschrift „Geschäftsführer“ verletzt jedenfalls dann das Gebot zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung nach §§ 7Abs. 1, 11 AGG, wenn nicht im weiteren Text der Anzeige auch weibliche Bewerber angesprochen werden.
2. Die nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung stellt ein Indiz dar, das eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lässt und zur Beweislastumkehr nach § 22 führt. Der Arbeitgeber muss dann nachweisen, dass in dem „Motivbündel“, das die Auswahlentscheidung beeinflusst hat, das Geschlecht überhaupt keine Rolle gespielt hat. Dieser Nachweis ist nicht schon dadurch geführt, dass eine andere Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
3. Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ausgeschlossen, wenn die Bewerbung rechtsmissbräuchlich war, weil der Bewerber/die Bewerberin sich subjektiv nicht ernsthaft um die Stelle beworben hat oder objektiv für diese nicht in Betracht kam. Hierfür trägt der Arbeitgeber die Beweislast.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 13.09.2011, 17 U 99/10
Preis: 3.00 EUR
filia.die frauenstiftung
engagiert sich weltweit für Frauenrechte - Partizipation und Freiheit von Gewalt
Im August 2011 wurde Amani Eltunsi (28) in Kairo angegriffen, ihre Kamera zerstört, mit der sie gerade Interviews vor dem Regierungsgebäude auf dem Thahir-Platz aufnahm. Ihr Büro wurde aufgebrochen, alle Computer und Materialien entwendet. Die Initiatorin der „Girls only Radio“ – die einzige Online-Radio Station im arabisch sprechenden Raum von und für Mädchen und Frauen – durchbricht gemeinsam mit ihrem Team Stereotype über Frauen in Ägypten. Sie setzen sich dafür ein, dass Mädchen und junge Frauen eine Stimme erhalten: frei, unzensiert und über Ländergrenzen hinweg. Sie nutzen die Möglichkeiten der heutigen Technik, stellen Chatrooms zur Verfügung, Musik und Filme ins Netz. filia.die frauenstiftung hat durch eine Eilförderung geholfen, die schwere Zeit nach dem Überfall zu überstehen und wieder „auf Sendung“ gehen zu können.
Anwältinnen ohne Grenzen e.V. (AOG) ist eine Ende 2007 gegründete, gemeinnützige Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Freiburg. Sie verfolgt als Zweck die Durchsetzung von Frauenrechten im In- und Ausland. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Problematik von Menschen mit Migrationshintergrund und deren Integration. Als ordentliche Mitglieder können Juristinnen aller Nationalitäten sowie Jurastudentinnen beitreten. Selbstverständlich können alle Frauen und Männer sowie juristische Organisationen unterstützende Mitglieder werden.
Zur
Neuregelung der elterlichen Sorge und Ausweitung des Umgangsanspruchs des
biologischen Vaters
Das
Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 28.03.2012 den „Entwurf eines Gesetzes zur
Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern“ vorgelegt. Die
Neuregelung ist erforderlich aufgrund der Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 03.12.2009 und des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21.07.2010. Insbesondere die vom BMJ in
Auftrag gegebene Studie des Deutschen Jugendinstituts „Gemeinsames Sorgerecht
nicht miteinander verheirateter Eltern“ von Karin Jurczyk und Sabine Walper
(DJI 2010) soll eine sozialwissenschaftliche Legitimation für die Neuregelung
bieten. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie mit der Generalisierung der
gemeinsamen elterlichen Sorge und der zunehmenden Stärkung der Rechtspositionen
des biologischen Vaters die biologische Abstammung an Stelle der Ehe als
familienrechtliches Ordnungsprinzip sich durchsetzen wird.
Preis: 3.00 EUR
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV)
Stellungnahme
zum Referentenentwurf der Bundesregierung vom 28.03.2012 für ein
Gesetz zur Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern
(Auszug)
Keine wissenschaftlichen Grundlagen
§ 1626a Absatz 2 S.1 BGB-E legt fest: „Das Familiengericht
überträgt […] auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge […] auf beide
Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht.“
Der Entwurf etabliert nach den Ausführungen der Entwurfsbegründung ein
neues Leitbild, welches beinhaltet, dass möglichst eine gemeinsame Sorgetragung
erfolgen soll (Ref.-Entw., S. 11). Dazu möchte „die Reform dort, wo es dem
Kindeswohl nicht widerspricht, eine gemeinsame elterliche Sorge erreichen.“
(a.a.O.) Eine wissenschaftliche Begründung für dieses Ziel bleibt die Bundesregierung
schuldig. Zwar wird in der Begründung das Bundesverfassungsgericht aus seiner
Entscheidung von 2003 zitiert, wonach „sozialwissenschaftliche Untersuchungen
bestätigen, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen
des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm
verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind
Verantwortung zu tragen.“ (BVerfG v. 29.01.03, 1 BvL 20/99
Preis: 3.00 EUR
Diakonie Bundesverband
Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMJ eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht verheirateten Vaters (Stand 11.05.2012) (Auszug)
Für die Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt
sind an die Darlegung von kinderbezogenen Gründen keine überzogenen
Anforderungen zu stellen (hier: Betreuung von drei minderjährigen Kindern,
sportliche und musische Aktivitäten, Fahrdienste am Nachmittag, Hausaufgabenbetreuung).
Auch die gerechte Lastenverteilung zwischen
den Eltern ist zu berücksichtigen. Dabei ist zu bedenken, dass der betreuende
Elternteil bei Vorwegabzug des Kindesunterhalts über eine Reduzierung seines
Unterhalts im wirtschaftlichen Ergebnis einen Teil des Barunterhalts mit zu
tragen hat.
(Leitsätze der Redaktion)
1. § 5 Abs. 1 S. 1
KiTaG (Rh.-Pfalz) auferlegt dem Jugendhilfeträger eine umfassende
Garantenstellung, um ein gesetzeskonformes Betreuungsangebot zu schaffen, also
jedem Kind ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr einen Kindergartenplatz zur Verfügung
zu stellen.
2. Ist der Anspruch des Kindes auf
Bereitstellung eines gemäß § 13 Abs. 3 S. 5 KiTaG (Rh.-Pfalz) beitragsfreien
Kindergartenplatzes durch Zeitablauf unmöglich geworden, so hat der
Jugendhilfeträger die für die Unterbringung des Kindes in einer privaten
Kindereinrichtung angefallenen Kosten (ohne Verpflegungskosten) im Rahmen des
sog. Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruchs zu ersetzen.
3. Anspruchsberechtigt sind dabei sowohl
das Kind als Inhaber des sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 KiTaG (Rh.-Pfalz) ergebenden
Anspruchs auf Bereitstellung eines entsprechenden Kindergartenplatzes als auch
seine Eltern, welche durch die in § 13 Abs. 3 S. 5 KiTaG (Rh.-Pfalz)
angeordnete Beitragsfreiheit begünstigt werden.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Mainz vom 10.05.2012, 1 K 981/11.MZ (Berufung zugelassen)
Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld wegen der
Geburt eines weiteren Kindes besteht auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis
zuvor während einer Elternzeit ohne Lohnanspruch geruht hat.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des LAG Düsseldorf vom 30.06.2011, 5 Sa
464/11
(Revision anhängig unter 5 AZR 652/11)
Preis: 3.00 EUR
Urteil des BAG
Verlängerung der Elternzeit – Zustimmung des Arbeitgebers – Ermessensentscheidung
Der Arbeitgeber hat entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach
billigem Ermessen zu entscheiden, ob er die zur Verlängerung der Elternzeit
nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG erforderliche Zustimmung erteilt.
1. Im Hinblick auf die Frist des § 15 Abs. 4 AGG ist der
vorgetragene Sachverhalt nicht nach einzelnen Indizien zu überprüfen, sondern
einheitlich danach zu beurteilen, ob er Indizien für eine unmittelbare
Benachteiligung wegen des Geschlechts beinhaltet. Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG
beginnt erst bei Kenntnis und Würdigung des gesamten sich über einen längeren
Zeitraum hinziehenden diskriminierenden Verhaltens.
2. Das Versäumen der Frist des § 15 Abs. 4
AGG rechtfertigt es nicht, von einer fehlenden Erfolgsaussicht der
Entschädigungsklage auszugehen, denn die Europarechtskonformität des § 15 Abs.
4 AGG ist jedenfalls für den Fall der Geschlechtsdiskriminierung noch nicht
abschließend geklärt.
3. Es erscheint überprüfungswürdig, dass es
nicht allein darauf ankommen kann, dass es im Arbeitsrecht generell kurze
Fristen gibt, sondern darauf, welche Fristen für einen vergleichbaren Anspruch
auf Schadenersatz/Entschädigung bestehen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass
bei einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung regelmäßig eine Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt und ein sich daraus ergebender
vergleichbarer Schadenersatzanspruch lediglich den gesetzlichen
Verjährungsfristen unterliegt. Arbeits- und tarifvertragliche Ausschlussfristen
bieten aufgrund ihrer Vielfalt keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt dafür,
generell davon auszugehen, dass die kurze Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG
dem primärrechtlichen Äquivalenzgrundsatz genügt.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des LAG Hamm vom 14.06.2011, 14 Ta 289/11
Ein Konzept mit dem Inhalt, die Aufgabe des Amtsvormunds
nach § 55 Abs. 2 SGB VIII sowohl einer weiblichen als auch einem männlichen
Beschäftigten zu übertragen, um den Mündeln zur Wahrung der Intimsphäre eine
Auswahl zu ermöglichen, ist zulässig.
Besteht ein derartiges Konzept, so ist das
entsprechende Geschlecht bei der Besetzung einer der Stellen eine wesentliche
und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG.
Urteil des ArbG Göttingen vom 23.11.2011, 4 Ga 3/11 Ö (rkr.)
Die vollständige Unterrichtung der Frauenbeauftragten nach
§ 16 Abs. 3 S. 1 HGlG steht als öffentlich-rechtliche Pflicht nicht zur einvernehmlichen
Disposition der Dienststelle und der Frauenbeauftragten, sondern ist zwingend
zu erfüllen.
Ob die zwingenden Merkmale des
Anforderungsprofils erfüllt werden, unterliegt in vollem Umfang der
gerichtlichen Kontrolle.
Beschluss des VG Frankfurt vom 16.03.2012, 9 L 295/12.F
1. Die Nachvollziehbarkeit der Darstellung dienstlicher
Leistungen entsprechend § 49 Abs. 1 BLV verlangt mehr als das Ankreuzen von
Ankertexten.
2. Die Beschränkung der
Gleichstellungsbeauftragten auf eine beobachtende Teilnahme an einer Beurteilungskonferenz
genügt nicht den Anforderungen an einer Mitwirkung i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 3
Nr. 3 BGleiG.
Urteil des VG Frankfurt vom 06.03.2012, 9 K 3815/11.F
Preis: 3.00 EUR
Barbara Degen
Buchbesprechung: Bärbel Meurer: Marianne Weber, Leben und Werk
Ist die Beziehung der Eltern von Kommunikationslosigkeit geprägt und auch nicht davon auszugehen, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert, so ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich.
Ein tiefgreifendes Zerwürfnis hindert die Elternteile, die Belange der Kinder gemeinsam wahrzunehmen. (Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Hamm vom 14.12.2011, 11-8 UF 120/11
medica mondiale
versteht sich als Anwältin für Frauen, die von sexualisierter Kriegsgewalt
betroffen sind. Wir haben durch beinahe 20 Jahre interdisziplinäre Arbeit
direkte Erfahrungen in verschiedenen Konfliktregionen gewonnen und dadurch
einen einzigartigen Einblick in die verschiedenen Lebenssituationen und
Perspektiven von betroffenen Frauen vor Ort. Die Erfahrung von Gerechtigkeit,
wie minimal sie auch sein mag, ist für Überlebende essentiell für ihre
Bewältigung sexualisierter Gewalterlebnisse und die daraus resultierenden
Traumata, sowie eine Voraussetzung für gesellschaftliche Versöhnungsprozesse.
Das Ausbleiben jeglicher Gerechtigkeitserfahrungen nährt individuelle und
kollektive Ressentiments, die an die nächsten Generationen weitergegeben werden
und neue Gewalt produzieren.
Trotz wichtiger ratifizierter UN-Resolutionen der letzten Jahre geht die
Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Kriegs-, Konflikt- und Nachkriegsgebieten in
hohem Ausmaß weiter. Trotz internationaler Strafgerichtshöfe und nationaler
Justizreformen ist Straflosigkeit in vielen Ländern auch weiterhin eher die
Regel als die Ausnahme. Gerade weil das so ist, hat der Internationale
Strafgerichtshof in Den Haag die Verantwortung, endlich Standards z.B. bei
Strategien der Strafverfolgung als auch im Umgang mit Opfer-Zeuginnen zu
erarbeiten, die den Realitäten der Frauen gerecht werden!
Die Weiterentwicklung im internationalen Strafrecht in den
letzten zwanzig Jahren ist beachtlich: Verschiedene internationale oder hybride
Gerichte wurden eingerichtet und der Internationale Strafgerichtshof feiert
dieses Jahr sein 10-jähriges Bestehen. Viel Rechtsprechung und Forschung füllt
inzwischen die Regale der Bibliotheken. Auf UN-Ebene sind zahlreiche
Resolutionen verabschiedet worden, die Maßnahmenkataloge zur Bekämpfung von
sexueller Gewalt im Besonderen gegen Frauen und Mädchen im Kontext von
bewaffneten Konflikten vorsehen.
Jedoch sind im Hinblick auf die Ermittlung und Verfolgung von sexueller
Gewalt als internationale Verbrechen weiterhin erhebliche Defizite
festzustellen. Dies hat eine Reihe von Gründen und Ursachen, denen ich mit
Blick auf die Ermittlungen von sexueller Gewalt vor dem ECCC (Extraordinary
Chambers in the Courts of Cambodia), aber auch dem ICC nachgehen will.
Preis: 3.00 EUR
Gerichtshof des Gewissens - Guatemla
Kein Vergessen, kein Schweigen
1) Pressemeldung von medica mondiale vom 24.9.2012
2) Kein Vergessen, Kein Schweigen
Abschließende Erklärung der Richterinnen des Gerichtshofs des Gewissens
gegen die sexuellen Verbrechen gegenüber Frauen während des bewaffneten
Konflikts in Guatemala
Maryam Kirollos
schwärmt von den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo im Januar
vergangenen Jahres. „In diesen 18 Tagen gab es keine Geschlechter- oder Klassenunterschiede.
Wir haben eine Utopie gelebt und deshalb glaube ich noch heute, dass diese
Utopie möglich ist.“ Doch nach dem Sturz des Präsidenten Hosni Mubarak ist bei
Ägyptens Frauen Ernüchterung eingekehrt. „Buthaina Kamel, die einzige Frau, die
sich zur Präsidentin wählen lassen will, kann keine 30.000 Unterschriften für
ihre Kandidatur zusammen bekommen“, schimpft die 22-jährige Aktivistin. „Das
Maß an Sexismus in diesem Land ist absurd.“
Als
vor einem Jahr in Tunesien, Ägypten und Libyen die Revolten gegen die
Diktatoren begannen, standen Frauen Seite an Seite mit Männern. In Ägypten und
Libyen haben Frauen die Revolten sogar initiiert. Doch mit dem Sturz
der bisherigen Regime gewannen die Islamisten an Macht. Sie sind nicht die
einzigen, die die Rechte von Frauen beschneiden wollen.
Am 14. August 2012
traf ich Renate Eisel, die Leiterin des Sprachlehrzentrums des Goetheinstituts
in Tripolis/Libyen zu einem Gespräch in Bochum.
Renate Eisel lebt schon viele Jahre in Libyen,
sie blieb während des Aufstandes 2011 in Tripolis. Sie unterrichtet auch
persönlich im Sprachlehrzentrum vorwiegend ärztlich oder in Ingenieurberufen
Tätige in der deutschen Sprache in geschlechtergemischten (etwa 20 % Frauen)
Kursen. Ich erfahre, dass der bewaffnete Aufstand gegen das Ghaddafi-Regime in
der einheimischen Bevölkerung Libyens umgangssprachlich als „die
Ereignisse“ bezeichnet wird.
Trotz des zu erwartenden weiteren Bezugs von
Sozialleistungen erweist sich eine Aufenthaltsbeendigung der in Kroatien
geborenen Klägerin angesichts der dargelegten weitgehenden Verwurzelung in
Deutschland und der erheblichen Schwierigkeiten, die von ihr in Mazedonien, dem
Herkunftsland ihres Ehemannes, zu bewältigen wären, als unverhältnismäßiger
Eingriff in ihr durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des
Privatlebens, so dass ihr auch eine freiwillige Ausreise unzumutbar ist.
(Leitsatz der Redaktion)
Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 15.03.2012, 7 A 11268/11.OVG
1. Die
Ungleichbehandlung von verheirateten und in einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft lebenden Beamten beim Familienzuschlag der Stufe 1 (§ 40
Abs. 1 Nr. 1 BBesG) stellt eine am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.
1 GG zu messende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung
dar.
2. Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer,
in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher,
obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung
verfolgten Zwecken vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das
Schutzgebot der Ehe keine Differenzierungen. Vielmehr bedarf es in solchen
Fällen jenseits der bloßen Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG eines hinreichend
gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und
-ziel die Benachteiligung dieser anderen Lebensformen rechtfertigt (vgl.
BVerfGE 124, 199 [226]).
Beschluss
des Zweiten Senats des BVerfG vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 –
1. Eine Vermittlung
in wegen sittenwidriger Vergütung rechtswidrige Arbeitsverhältnisse darf von
der an das Gesetz gebundenen Sozialverwaltung nicht vorgenommen und schon gar
nicht mittels Sanktionen erzwungen werden.
2. Ein auffälliges Missverhältnis, das die
Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB begründet, weil es gegen die in
den grundgesetzlichen sowie in Art 4 Nr. 1 der Europäischen Sozialcharta als
einfachem Bundesrecht zum Ausdruck kommenden Wertentscheidungen verstößt, ist
anzunehmen, wenn der angebotene Lohn bei Vollzeitarbeit mit einer
durchschnittlichen Arbeitsleistungserwartung unter dem Grundsicherungsniveau
für eine volljährige alleinstehende Person ohne Unterhaltsverpflichtungen, bei
grundsicherungsrechtlich angemessener Unterkunft und bei uneingeschränkter
Erwerbsfähigkeit liegt.
3. Für Berlin ist insoweit im Jahr 2011 bei
Vollzeitbeschäftigung eine geringere Vergütung als 815,27 Euro netto / 1058,00
Euro brutto sittenwidrig – entspricht 6,34 Euro Stundenlohn bei 38,5
Wochenstunden.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des SG Berlin vom 19.09.2011, S 55 AS 24521/11 ER
1) Das Mitwirkungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten
nach § 19 Abs. 1 BGleiG erstreckt sich auch auf eine vorzeitige Entlassung aus
dem Beamtenverhältnis (§ 33 Abs. 1, 2 BBG), ohne dass es auf einen besonderen
Gleichstellungsbezug ankommt.
2) Das Mitwirkungsrecht nach § 19 Abs. 1
BGleiG setzt nicht voraus, dass dem Dienstherrn in Bezug auf die der
Beteiligung unterliegende Maßnahme ein Ermessensspielraum eröffnet ist.
3) Die Gleichstellungsbeauftragte ist
zwingend vor Erlass der Maßnahme zu beteiligen. Eine Nachholung der zuvor
unterbliebenen Beteiligung kommt nicht in Betracht; das Unterlassen der
gebotenen Beteiligung führt unablässig vom materiellen Recht zur
Rechtswidrigkeit der Maßnahme; § 46 VwVfG ist nicht anwendbar.
Beschluss des VG Frankfurt am Main vom 04.10.2011, 9 L 2202/11.F
1. Wird durch das Verhalten der Mutter den Kindern die
Vaterfigur genommen, so kann das eine Trennung der Kinder von der Mutter nur
dann rechtfertigen, wenn das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem
körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre.
2. In solchen Fällen müsste eine
sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung ergeben, dass diese Trennung nicht nur
geeignet ist, die Kinder dem negativen Einfluss der Mutter zu entziehen und
ihnen den Zugang zum Vater wieder zu ermöglichen. Vielmehr müssen die Folgen
der plötzlichen Herausnahme der Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung sowie der
Trennung von ihrer Mutter und die vorübergehende Unterbringung in einer
Pflegestelle zu den negativen Folgen eines weiteren Verbleibens der Kinder bei
der Mutter ins Verhältnis gesetzt werden. Schließlich muss detailliert
begründet werden, warum mildere Mittel – seien es Zwangsmittel oder eine
Therapie der Kinder – nicht zielführend sind.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des BVerfG vom 28.02.2012, – 1 BvR 3116/11
Von einem wirtschaftlichen, ehebedingten Nachteil bei der
Einkommensentwicklung des Unterhaltsberechtigten ist dann auszugehen, wenn die
durchschnittliche Einkommensentwicklung auf der Grundlage des Indexes des
statistischen Bundesamtes „Verdienste und Arbeitskosten“ wesentlich höher
liegen als das später tatsächlich erwirtschaftete Einkommen.
(Leitsatz der Redaktion)
Beschluss des OLG Schleswig vom 16.06.2011, 13 UF 148/10
Preis: 3.00 EUR
Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff)
Nein heißt Nein? Leider nein.
Stellungnahme zur Debatte um die Strafbarkeit der
Vergewaltigung aus Anlass eines umstrittenen Urteils des LG Essen
Das aktuelle Urteil des Landgerichtes Essen in einem Verfahren wegen des
Vorwurfs der Vergewaltigung sorgt bundesweit für Empörung: Der Beschuldigte
war freigesprochen worden, weil sich das mutmaßliche Opfer – ein damals
15jähriges Mädchen – nicht ausreichend gewehrt habe.
Unter Vorsitz von Prof. Dr. Ute Klammer erarbeitete
eine Sachverständigenkommission im Auftrag des BMFSFJ ein Gutachten, das die
Situation von Frauen und Männern in unterschiedlichen Lebensphasen und an
Übergängen im Lebenslauf analysiert und Handlungsempfehlungen für eine
innovative Gleichstellungspolitik ausspricht. Die Lebenslaufperspektive
ermöglicht dabei den Blick auf die kumulativen Wirkungen von Entscheidungen auf
weitere Lebensphasen. Nach Ansicht der Kommission setzen tatsächliche
Wahlfreiheit und plurale Lebensformen „gleiche Verwirklichungschancen“ voraus,
d. h. rechtlich-gesellschaftliche Rahmenbedingungen und soziale wie ökonomische
Anerkennungsstrukturen für plurale Lebens- und Erwerbsverläufe. Die Kommission
konstatiert, dass gleichberechtigte Verwirklichungschancen nicht gegeben sind,
weil es an einem gemeinsamen Leitbild fehlt. Es sei kein konsistenter
Politikansatz in der Familien-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu erkennen.
Stattdessen geben Recht und Politik unterschiedliche Frauen- und Familienbilder
gleichzeitig vor und setzen Anreize für gegensätzliche Lebensmodelle .
1. Es verstößt
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass eingetragene Lebenspartner vor
Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 nicht wie Ehegatten von der
Grunderwerbsteuer befreit sind.
2. Eine von der grundsätzlichen Rückwirkung
sowohl einer Nichtigkeits- als auch einer Unvereinbarkeitserklärung abweichende
Anordnung der Weitergeltung eines als verfassungswidrig erkannten Gesetzes
durch das Bundesverfassungsgericht wegen zuvor nicht hinreichend geklärter
Verfassungsrechtslage kommt nur im Ausnahmefall in Betracht und bedarf einer
besonderen Rechtfertigung.
1. Der Ausschluss ausländischer
Staatsangehöriger, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder
politischen Gründen erlaubt ist und die keines der in § 1 Abs. 6 Nr. 3
Buchstabe b BErzGG 2006 und § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe b BEEG genannten
Merkmale der Arbeitsmarktintegration erfüllen, vom Bundeserziehungsgeld und vom
Bundeselterngeld verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.
2. Eine Regelung, die weder an das
Geschlecht anknüpft noch Merkmale verwendet, die von vornherein nur Frauen oder
nur Männer treffen können, die aber Frauen aufgrund rechtlicher oder
tatsächlicher Umstände der Mutterschaft gegenüber Männern benachteiligt,
unterliegt nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG strengen Rechtfertigungsanforderungen.
1. § 36 Abs. 2
AufenthG dient nicht der Vermeidung einer besonderen, sondern nur einer
außergewöhnlichen Härte.
2. Eine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 36
Abs. 2 AufenthG liegt vor, wenn aufgrund Pflegebedürftigkeit ein eigenständiges
Leben im Ausland nicht mehr geführt werden und familiäre Lebenshilfe durch
Angehörige zumutbarerweise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. Die Klägerin
muss sich nicht auf professionelle Pflegedienste oder -einrichtungen in ihrem
Heimatland verweisen lassen.
(Leitsätze der Redaktion)
Es ist davon auszugehen, dass es der Klägerin als
alleinstehender Minderjähriger nicht gelingen wird, ihre Existenzgrundlage bei
Rückkehr in den Kosovo sicherzustellen, weil sie nicht über die dort
erforderlichen „Überlebensstrategien“ verfügt. Damit besteht ein
Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Sigmaringen vom 14.03.2012, A7 K 792/10
Urteil
des OVG Berlin-Brandenburg vom 07.11.2012; Az: 4 S 42/12
Tenor:
Den Antragsgegnern wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,
der Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens VG 5
K 297.12 Zugang, auch in Form der persönlichen Teilnahme, zu den Sitzungen der
Trägerversammlung am 09.11.2012 und im ersten, zweiten, dritten und vierten
Quartal 2013 zu den Tagesordnungspunkten zu gewähren, in denen personelle,
organisatorische und soziale Angelegenheiten im Sinne des § 19 Abs. 1 BGleiG
behandelt und entschieden werden.
1. Es liegt weder
ein Kündigungsgrund gemäß § 626 BGB noch i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG vor, wenn
kurzfristig angeordnete Schichtplanänderungen des Arbeitgebers von der
teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin aus persönlichen Gründen nicht eingehalten
werden können.
2. Die im Zusammenhang mit der unzulässigen
Schichtplanänderung von der Arbeitnehmerin vorgenommene Äußerung, sie werde
sich krankschreiben lassen, ändert am fehlenden Kündigungsgrund nichts.
3. Für die Schichtplanänderungen hat der
Arbeitgeber als Frist die 4-tägige Ankündigungszeit des § 12 Abs. 2 TzBfG
einzuhalten.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des ArbG Berlin vom 5.10.2012, AZ: 28 Ca 10243/12, rk
Ein Betrieb, der sich für die Erlaubnis zum Sammeln von
Trinkgeldern verpflichtet, z. B. in Warenhäusern und Einkaufszentren öffentlich
zugängliche Kundentoiletten sauber zu halten, ist ein Reinigungsbetrieb.
Die bei ihm angestellten Toilettenfrauen
sind schwerpunktmäßig Reinigungskräfte und nicht lediglich Bewacherinnen von
Trinkgeldtellern. Für sie gilt der Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks.
Die Höhe der geschuldeten
Sozialversicherungsbeiträge berechnet sich deshalb nach den tarifvertraglich
vorgeschriebenen Mindestlöhnen und nicht nach den niedrigeren tatsächlich
gezahlten Löhnen.
Urteil des SG Berlin vom 29.08.2012, S 73 KR 1505/10
Preis: 3.00 EUR
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V.
„Bedarfsgemeinschaft“ zwischen Kindern und neuem Lebenspartner der Mutter verfassungswidrig
Stellungnahme
zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1083/09
Dreh- und
Angelpunkt der vorliegenden Verfassungsbeschwerde ist die Frage der
Verfassungsmäßigkeit des § 9 Absatz 2 Satz 2 des Zweiten Sozialgesetzbuches
(SGB II) in der durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (Fortentwicklungsgesetz) festgelegten Fassung.
Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen ein Urteil des
Bundessozialgerichts, […] mit dem ihr im Alter von 13 Jahren die Berechtigung
zum Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II
versagt wurde. Mittelbar wendet sich die Beschwerdeführerin damit gegen § 9
Absatz 2 Satz 2 SGB II […]Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter
vertritt die Ansicht, dass der Verfassungsbeschwerde stattzugeben ist
Bericht
vom III. Symposium des Leda-Netzwerks für feministische Geschlechterstudien
und romanistische Rechtstraditionen, vom 30.9. – 1.10.2011 in Lecce (Italien)
Das dritte Symposium des Leda-Netzwerks, das auf Einladung
der Leiterin des Departments für juristische Studien der Università del
Salento, Francesca Lamberti, abgehalten wurde, weckte aufgrund seines
inhaltlichen Zusammenhangs mit der Konvention des Europarates zur Prävention
und Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt
Interesse an aktuellen Implikationen des Themas.